Pille: Risiko für erhöhte Leberwerte?
Über Nutzen und Risiken der Pille als Verhütungsmethode wird immer wieder diskutiert. Denn während diese nach wie vor zu den beliebtesten Kontrazeptiva gehört, kann die Gefahr von Thrombosen steigen. Doch damit nicht genug. Denn unter der Pille drohen außerdem erhöhte Leberwerte, und zwar bei Präparaten in Kombipackungen mit der Wirkstoffkombination Levonorgestrel/Ethinylestradiol und Ethinylestradiol. Patient:innen müssen entsprechend gewarnt werden.
In einem europäischen, die periodischen Sicherheitsberichte bewertenden Verfahren hat der Ausschuss für Risikobewertung im Bereich der Pharmakovigilanz (PRAC) der Europäischen Arzneimittelagentur die Empfehlung ausgesprochen, die Fach- und Gebrauchsinformationen von Kombipackungen mit der Wirkstoffkombination Levonorgestrel/Ethinylestradiol und Ethinylestradiol anzupassen. So soll auf das Risiko erhöhter Leberwerte unter der Pille, genau bei entsprechenden kombinierten oralen Kontrazeptiva (KOK) hingewiesen werden. Betroffen sind laut einem Bescheid des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) nur entsprechende Kombinationspackungen, die sowohl die Kombi Levonorgestrel/Ethinylestradiol als auch Ethinylestradiol enthalten.
KOK enthalten synthetische Östrogene und Gestagene und verfolgen ein dreifaches Wirkprinzip: Der Eisprung wird verhindert, der Zervixschleim so zäh, dass keine Spermien in die Gebärmutter gelangen können und die Einnistung einer befruchteten Eizelle ist nicht möglich.
Ethinylestradiol gehört zu den synthetisch hergestellten Östrogenderivaten und kommt bei der Empfängnisverhütung zum Einsatz. Östrogene besitzen neben ihrer Wirkung auf die Ausbildung von Milchdrüsen, Brust und Gebärmutter auch allgemeine Wirkungen auf den Stoffwechsel und fördern die Bildung der Knochenmatrix.
Gestagene wie Levonorgestrel sind synthetische Gelbkörperhormone, die dem körpereigenen Progesteron ähneln und vor allem für die weiblichen Geschlechtsorgane wichtig sind. Levonorgestrel findet sowohl in der „Anti-Baby-Pille“ als auch zur Notfallkontrazeption Anwendung.
Pille: Erhöhte Leberwerte durch Levonorgestrel/Ethinylestradiol und Ethinylestradiol
Unter anderem halten die Expert:innen des PRAC einen Kausalzusammenhang zwischen der Einnahme von Präparaten in Kombipackungen mit der Wirkstoffkombination Levonorgestrel/Ethinylestradiol und Ethinylestradiol auf Grundlage der bisher verfügbaren Daten zumindest für möglich. Daher wurden Anpassungen für die Fach- und Gebrauchsinformationen beschlossen.
So muss beispielsweise in der Packungsbeilage im Abschnitt 4 unter Nebenwirkungen mit nicht bekannter Häufigkeit der Hinweis „Leberwerte erhöht (Transaminasenerhöhung)“ aufgenommen werden, und zwar unabhängig davon, ob pharmazeutische Unternehmen entsprechende Präparate aktuell vertreiben oder nicht.
Bei Transaminasen handelt es sich um substratspezifische Enzyme, die die Übertragung von Aminogruppen, genau die Übertragung von Aminosäuren auf α-Ketosäuren, (Transaminierung) katalysieren. Sie kommen in der Regel intrazellulär vor, oftmals vermehrt in den Leberzellen. Kommt es zu Schädigungen der Leberzellen, gelangen die Transaminasen verstärkt ins Blut.
Übrigens: Bereits 2020 mussten die Fach- und Gebrauchsinformationen von Präparaten in Kombipackungen mit der Wirkstoffkombination und Ethinylestradiol angepasst und eine Warnung vor dem Auftreten von Angioödemen aufgenommen werden.
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