Im Jahr 1903 schien das perfekte Schlafmittel gefunden und die Wirkstoffgruppe der Barbiturate war geboren. Nebenwirkungsarm und gut verträglich seien die Derivate der Barbitursäure. Jedoch gerieten sie bald nach ihrer Entdeckung in Verruf und erlangten durch den Tod von Marylin Monroe traurige Berühmtheit.
Die Synthese der Barbitursäure gelang dem Chemiker Adolf von Baeyer im Jahr 1864. Allerdings hatte seine Entdeckung nach der Einnahme keinen physiologischen Effekt und erst 39 Jahre später synthetisierten Emil Fischer und Joseph von Mering den Wirkstoff Diethylbarbiturat aus der Barbitursäure. Dieser zeigte in verschiedenen Experimenten mit Hunden und Menschen einen durchschlagenden Erfolg als Schlafmittel mit langer Halbwertszeit.
Bayer brachte das erste Fertigarzneimittel mit Barbital auf den Markt. Der Legende nach nahm Joseph von Mering selbst den Wirkstoff auf einer Bahnreise von Berlin nach Basel ein und erwachte angeblich erst in Verona wieder. Die Stadt gefiel ihm so gut, dass er die Idee hatte, das Arzneimittel nach ihr zu benennen, weshalb es den Namen „Veronal“ erhielt.
Einteilung, Indikationen und Nebenwirkungen
Die Wirkstoffe können in drei Gruppen eingeteilt werden: kurz wirksame, mittellang wirksame und lang wirksame Barbiturate. Bei den kurz wirksamen Barbituraten handelt es sich um lipophile Wirkstoffe, die bei intravenöser Gabe unmittelbar wirken, deren Wirkdauer aber nur bei zehn bis 15 Minuten liegt. Der einzige noch in Deutschland erhältliche Wirkstoff dieser Gruppe ist Thiopental zur intravenösen Narkoseeinleitung. Thiopental wird bei Patient:innen genutzt, die kein Propofol vertragen.
Zu den mittellang wirksamen Barbituraten gehören Cyclobarbital und Pentobarbital. Früher wurden beide Wirkstoffe bei Schlafstörungen eingesetzt. Heute finden sie in Deutschland keine Verwendung mehr.
Von den lang wirksamen Barbituraten ist in Deutschland nur ein Wirkstoff zugelassen – Phenobarbital. Dieser wird bei epileptischen Anfällen eingesetzt. Auch das heute nicht mehr genutzte Barbital, das das erste zugelassene Barbiturat war, gehört zu dieser Gruppe. Nach einem verzögerten Wirkeintritt von etwa 15 Minuten beträgt die Wirkdauer zehn bis 18 Stunden.
Die Wirkung der Barbiturate ist stark dosisabhängig. So können sie mit aufsteigender Dosis sedativ, hypnotisch oder narkotisch wirken. Die heutige Verwendung ist sehr eingeschränkt und nur unter strengster ärztlicher Beobachtung möglich. Als Schlafmittel werden Barbiturate aufgrund ihrer geringen therapeutischen Breite in Deutschland nicht mehr eingesetzt. Der Wirkstoff Pentobarbital kommt in der Schweiz im Rahmen der Sterbehilfe zum Einsatz.
Nebenwirkungen wie Hangover, Übelkeit, Erbrechen, allergische Hautreaktionen, Bronchospasmus, Entzugserscheinungen, paradoxe Erregung und Reflextachykardie sind bei hypnotischer Dosierung möglich. Bei höherer Dosierung im narkotischen Bereich kann es zu Atemdepression, Blutdruckabfall und der Abnahme des Herzzeitvolumens kommen. Eine Abhängigkeit stellte sich sehr schnell ein, weshalb Patient:innen, die mit Barbituraten behandelt wurden, in den meisten Fällen auch eine Sucht entwickelten.
Barbiturate als Mittel zum Suizid
Zunächst war Barbital (Veronal) frei verkäuflich und konnte ohne jegliche Kontrolle erworben werden. Das eingangs als harmlos eingestufte Schlafmittel entwickelte sich immer mehr zu einem missbräuchlich verwendeten Stoff, der auch zum Zweck des Suizids genutzt wurde. Ab dem Jahr 1908 wurde Veronal rezeptpflichtig, was allerdings der missbräuchlichen Verwendung keinen Abbruch tat.
Ein prominenter Todesfall im Zusammenhang mit Barbituraten ereignete sich am 4. August 1962. Marilyn Monroe wurde wenige Stunden nach ihrem Tod am 5. August auf ihrem Bett liegend vorgefunden. Der Obduktionsbericht offenbarte, dass sie vor ihrem Tod eine große Menge Pentobarbital zu sich genommen hatte. Die hohe Dosis führte nach der Einnahme zu einem Stillstand von Atemmuskulatur und Herz.
Etwa zur gleichen Zeit gerieten Barbiturate in Deutschland immer weiter ins Abseits und wurden zunehmend von Benzodiazepinen abgelöst.
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