Fünf pharmazeutische Dienstleistungen können Apotheken jetzt offiziell als Service anbieten. Die Kosten tragen die Krankenkassen. In Anspruch nehmen können sie jedoch nur bestimmte Patientengruppen. Generell sei die Einführung der Services zwar ein Schritt in die richtige Richtung, doch die pharmazeutischen Dienstleistungen sollten vielmehr auf den Individualbedarf ausgerichtet sein, kritisiert Apotheker Nico Reinold.
Grundsätzlich sei er zufrieden damit, dass nun endlich der Startschuss bei den pharmazeutischen Dienstleistungen fällt und Apotheken ihr Leistungsspektrum erweitern und stärken können, erklärt Nico, Inhaber der Schönhauser Apotheke in Berlin. Das Problem: Während einige der vorgesehenen Services auf sehr spezifische Patientengruppen zugeschnitten sind, sind andere für fast jeden relevant. „Patienten mit einer Organtransplantation kann ich bei uns in der Apotheke an einer Hand abzählen. Auf der anderen Seite könnten wir im Bereich Polymedikation oder Bluthochdruck die ganze Straße mit Patient:innen füllen.“
Die jetzige Ausgestaltung der Angebote sollte nur der Anfang sein. Für die Zukunft bräuchte es pharmazeutische Dienstleistungen, die sich am Individualbedarf orientieren. Schließlich hat jede/r Patient:in ganz persönliche Bedürfnisse und Wünsche. Bei der Umsetzung wird aber die zeitliche Einbindung des Personals eine große Herausforderung werden.
Durch den immer bedeutender werdenden Fachkräftemangel ist es zu kurz gedacht, dass nur zwei der fünf neuen Dienstleistungen von PTA durchgeführt werden dürfen. Denn den Kolleg:innen mangele es ohnehin schon an Wertschätzung. „PTA sollten endlich Kompetenzen bekommen, die ihrer Ausbildung gerecht werden. Man braucht sich nicht wundern, dass immer mehr PTA der Apotheke den Rücken kehren und kein Nachwuchs kommt“, ist sich der Apothekeninhaber sicher. Stichwort Vertretungsbefugnis. Geht es nach Nico, könnten seine Mitarbeiter:innen die Apotheke im Notfall auch mal ohne Approbierte schmeißen. Das nötige pharmazeutische Fachwissen haben die Kolleg:innen seiner Meinung nach auf jeden Fall. „Und eine Schulung in Sachen Recht, Buchhaltung und Co. könnten wir immer noch einschieben“, so der Apotheker. Ein gutes Beispiel ist das Praxismanagement durch MFA.
Mehr Kompetenzen für PTA, Wandel in der Apotheke
Doch auch abseits der Vertretungsbefugnis muss mehr dafür getan werden, Nachwuchskräfte für die Apotheke zu gewinnen. „Niemand lässt sich heute noch vom verstaubten Berufsbild des schubladenziehenden Apothekenpersonals, das seit Jahrzehnten überholt ist, begeistern. Das ,A’ steht für viele leider für altbacken und antik. Die Apotheke muss moderner, offener und zeitgemäßer werden.“ Dafür brauche es einen Wandel. So seien beispielsweise ein attraktiver Website-Auftritt, Social Media-Marketing und Co. heutzutage auch für Apotheken nicht mehr wegzudenken. Denkt man Apotheke anders, entstehen viele interessante neue Aufgabenbereiche, in denen PTA Verantwortung übernehmen können und auch müssen.
Viele Apotheken halten lieber an alten Zöpfen fest, anstatt mutig neue Wege zu gehen. „Man kann sich nicht nur über die steten Veränderungen im Gesundheitswesen beschweren, sondern sollte sie als Chance für eine neue Ausrichtung der Apotheken sehen, in der der Servicegedanke aus Sicht des Patienten neu gedacht werden muss.“ Hätte sich die Apothekerschaft gemeinsam schon früher engagiert, hätte man beispielsweise selbst einen Lieferservice aufbauen können, wie ihn MAYD und Co. derzeit bieten – aber eben direkt aus Apothekenhand. „Wir müssen das Bild des Apothekenwesens endlich ins Jetzt rücken“.
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