Phagro: „Die Vorräte reichen keine zwei Wochen.“
Um einem Mangel an Kinderarzneimitteln in diesem Herbst und Winter vorzubeugen, hat Gesundheitsminister Karl Lauterbach eine Dringlichkeitsliste erstellt. Mit den rund 400 Arzneimitteln sollen sich die Großhändler bevorraten. Schon jetzt schlägt der Bundesverband des pharmazeutischen Großhandels (PHAGRO) Alarm: „Die Vorräte reichen keine zwei Wochen.“
Der Großhandel soll sich unter anderem mit Amoxicillin, Amoxicillin/Clavulansäure, Cefaclor, Cefadroxil, Cefixim, Cefuroxim, Clarithromycin, Erythromycin, Phenoxymethylpenicillin, Salbutamol und Trimethoprim/Sulfamethoxazol bevorraten. Außerdem sind Ibuprofen, Paracetamol und Xylometazolin-haltige Arzneimittel auf der Dringlichkeitsliste zu finden. Allesamt Präparate, die schon im vergangenen Winter knapp waren. Und auch jetzt hat sich die Lage kaum entspannt.
„Da es objektiv unmöglich ist, diese Arzneimittel bedarfsgerecht bei der pharmazeutischen Industrie zu beschaffen, geschweige denn Lagerbestände aufzubauen, kann der vollversorgende pharmazeutische Großhandel schon heute seiner gesetzlichen Vorhaltungsverpflichtung gem. § 52b Abs. 2 S. 2 Arzneimittelgesetz für diese Dringlichkeits-Arzneimittel nicht entsprechen“, schreibt der PHAGRO Gesundheitsminister Karl Lauterbach in einem Brief.
Für 85 Prozent der rund 400 Arzneimittel der Dringlichkeitsliste steht derzeit ein Bedarf von maximal zwei Wochen zur Verfügung. „Der Großhandel kann weder den durch das Lieferengpass-Gesetz (ALBVVG) eingeführten Bedarf für vier Wochen noch den grundsätzlichen gesetzlich vorgegebenen Bedarf von zwei Wochen beschaffen und vorhalten“, mahnt der PHAGRO.
Bei lediglich 10 Prozent der gelisteten Dringlichkeits-Arzneimittel sieht der PHAGRO Chancen, Beschaffung und Lagerhaltung weiter zu intensivieren. Alle weiteren Möglichkeiten seien vollständig ausgeschöpft.
Für den PHAGRO ist die aktuelle Versorgungssituation bereits „äußerst prekär“ – der Herbst und Winter stehen noch bevor. Fest steht: Mehr als ein Viertel der Dringlichkeits-Arzneimittel konnte in den vergangenen Monaten vom Großhandel gar nicht beschafft werden, weil schlichtweg keine Ware zur Verfügung steht. Einige Arzneimittel wurden mit außer Vertrieb gekennzeichnet oder werden nicht mehr in den Verkehr gebracht. Dies trifft auf ein Achtel der gelisteten Präparate zu. Bei mehr als der Hälfte der Dringlichkeits-Arzneimittel liefern die pharmazeutischen Unternehmen nur 20 Prozent der vom Großhandel angeforderten Ware aus, so der PHAGRO weiter. Und auch alternative Beschaffungswege können wenn überhaupt nur im Einzelfall eine Verbesserung der angespannten Lage erreichen.
Der PHAGRO-Vorsitzende Marcus Freitag und sein Stellvertreter Lothar Jenne fordern Lauterbach auf, „die Ursachen der Liefer- und Versorgungsengpässe zu bekämpfen, indem Sie die pharmazeutische Industrie durch eine Förderung der Herstellung und Entwicklung von Arzneimitteln unterstützen und die für ein bedarfsgerechtes Inverkehrbringen von Arzneimitteln notwendigen Aufwendungen durch alle an der Arzneimittelversorgung Beteiligten, d.h. von Industrie, Großhandel und Apotheken adäquat gegenfinanzieren“.
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