Paracetamol aus alten PET-Flaschen?
Neben Ibuprofen gehört Paracetamol zu den beliebtesten Schmerzmitteln. Die Herstellung geht jedoch meist zulasten der Nachhaltigkeit, denn dabei kommt mitunter Erdöl zum Einsatz. Forschende wollen einen „grüneren“ Weg entdeckt haben. So kann Paracetamol aus alten PET-Flaschen gewonnen werden, und zwar mithilfe von Bakterien.
Die Themen Nachhaltigkeit und Umweltschutz gewinnen zunehmend an Bedeutung, auch bei der Arzneimittelproduktion. So sieht beispielsweise die EU-Kommunalabwasserrichtlinie (KARL) eine vierte Reinigungsstufe für Kläranlagen vor, um unter anderem auch Medikamentenrückstände herauszufiltern. Bei der Herstellung von Paracetamol könnte Recycling eine entscheidende Rolle spielen. So kann der Wirkstoff aus alten PET-Flaschen gewonnen werden, wie Forschende aus Schottland in einer Studie zeigen. Möglich machen dies Bakterien, die Abbauprodukte der Flaschen umwandeln.
Paracetamol kommt bei leichten bis mäßig starken Schmerzen und Fieber zum Einsatz. Das Acetamid wird in der Leber metabolisiert und besitzt analgetische sowie antipyretische Eigenschaften. Letztere werden auf einen Einfluss auf das Temperaturregulationszentrum im Hypothalamus zurückgeführt. Außerdem bewirkt Paracetamol eine Hemmung der cerebralen Prostaglandinsynthese und hemmt die periphere Prostaglandinsynthese nur schwach. Der genaue Wirkmechanismus ist noch nicht abschließend geklärt, auch wenn Forschende kürzlich einen weiteren Teil davon entschlüsselt haben wollen. Bei der Einnahme sollte eine Tageshöchstmenge von 4 g nicht überschritten werden, andernfalls droht eine Überdosierung bis hin zur Paracetamol-Vergiftung.
PET-Flaschen: Bakterien wandeln Kunststoff in Paracetamol um
Ein schottisches Team aus Biotechnolog:innen der Universität Edinburgh hat kürzlich einen Machbarkeitsbeweis für die Gewinnung von Paracetamol aus alten PET-Flaschen erbracht. Dafür wurden zunächst Flaschen aus dem Kunststoff Polyethylenterephthalat (PET) chemisch in bestimmte Esterverbindungen – unter anderem das Molekül Terephthalsäure – aufgespalten, die mithilfe von Escherichia coli-Bakterien (E. coli) nicht-enzymatisch zu p-Aminobenzoesäure (PABA) umgewandelt wurden.
Dieser sogenannte Lossenabbau kommt den Autor:innen zufolge eigentlich nicht in der Natur vor und findet in der Regel unter Bedingungen statt, mit denen Bakterien nicht klarkommen. Weil die E.coli-Bakterien jedoch genetisch verändert und ein Gen des Pilzes Agaricus bisporus sowie ein Gen des Bakteriums Pseudomonas aeruginosa hinzugefügt wurden, gelang es, dass diese aus der entstandenen PABA wiederum Paracetamol herstellen konnten. Genau wurden 92 Prozent des PET-Esters in Paracetamol umgewandelt, und zwar innerhalb von 24 Stunden.
Der Vorteil der neuen Herstellungsmethode: Sie verursacht laut den Forschenden nahezu keine CO2-Emissionen und ist damit nachhaltiger als bisherige Abläufe.
„Diese Arbeit zeigt, dass PET-Kunststoff nicht einfach nur Abfall ist oder ein Material, das dazu bestimmt ist, zu noch mehr Kunststoff zu werden – Mikroorganismen können ihn in wertvolle neue Produkte umwandeln, darunter auch solche mit dem Potenzial zur Behandlung von Krankheiten“, heißt es in einer Mitteilung.
Übrigens: Auch Terpentin statt Erdöl kommt laut Forschenden als Basis für die Herstellung von Paracetamol und Ibuprofen infrage.
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