Die Corona-Pandemie hat für zahlreiche Sonderregelungen gesorgt. Dazu gehört auch die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (AU) per Telefon oder Video. Es gibt jedoch Grenzen. Die Vorlage einer Online-AU reicht demnach nicht für eine Lohnfortzahlung.
Seit knapp vier Monaten haben alle gesetzlich Versicherten die Möglichkeit der Krankschreibung per Video, und zwar ob sie praxisbekannt sind oder nicht. Voraussetzung ist jedoch, dass dem Ausstellen der AU eine ärztliche Behandlung per Videosprechstunde vorangegangen sein muss. Ist dies nicht der Fall – beispielsweise bei einer sogenannten Online-AU –, müssen Arbeitgebende dies nicht akzeptieren. Die Folge: Keine Entgeltfortzahlung für Beschäftigte, entschied das Arbeitsgericht Berlin.
Von vorn. Ein Angestellter erkrankte nach eigenen Angaben mehrfach arbeitsunfähig. Dafür legte er dem Chef entsprechende ärztliche Atteste vor. Das Problem: Es handelte sich um jeweils um eine Online-AU. Demnach fand offenbar kein Arztgespräch als Grundlage statt. Stattdessen wurde das Attest über eine eigens zu diesem Zweck eingerichtete Internetplattform auf Basis eines Fragebogens ausgestellt, und zwar von einer Gynäkologin. „Die ärztliche Anamnese beruht im Regelfall ausschließlich auf den Antworten des Nutzers auf vorformulierte Fragen“, heißt es in einer Mitteilung des Arbeitsgerichts Berlin. Der Arbeitgeber zweifelte folglich an der Rechtmäßigkeit der Atteste und verweigerte die Entgeltfortzahlung für die jeweiligen Zeiträume der Krankschreibungen. Zu Recht, wie das Gericht entschied.
Kein Recht auf Entgeltfortzahlung bei Online-AU
Zwar habe der Angestellte wie jede/r andere erkrankte Arbeitnehmer:in gemäß Entgeltfortzahlungsgesetz im Krankheitsfall Anspruch auf Weiterzahlung seines Gehalts, wenn er die Erkrankung durch ein ärztliches Attest nachweisen kann. Allerdings kann an der ordnungsgemäßen Ausstellung gezweifelt werden, wenn dieser „keine Untersuchung vorausgegangen ist und mangels Patientenbeziehung auch eine Ferndiagnose ausscheidet“, so das Gericht weiter. Denn die Arbeitsunfähigkeitsrichtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses schreibt Folgendes vor: „Die Feststellung der Arbeitsunfähigkeit darf nur auf Grund einer ärztlichen Untersuchung erfolgen. Diese erfolgt unmittelbar persönlich oder mittelbar persönlich im Wege einer Videosprechstunde.“
Genau dies treffe im verhandelten Fall allerdings nicht zu. Die ausstellende Ärztin habe den Angestellten weder untersucht noch ein Gespräch mit ihm geführt und es bestehe auch kein Patientenverhältnis – immerhin handelte es sich um eine Gynäkologin, die einen männlichen Patienten behandelt haben soll. „Den vom Kläger vorgelegten Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen kommt daher kein Beweiswert zu“, schlussfolgern die Richter:innen.
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