Etwa jede/r fünfte Arbeitnehmer:in hat schon einmal Mobbing am Arbeitsplatz erlebt. Auch in der Apotheke kann es dazu kommen. Chef:innen sind verpflichtet, dies zu unterbinden. Stichwort Fürsorgepflicht. Doch dafür braucht es Beweise, dass sie auch vom Mobbing wissen.
Reibereien unter Kolleg:innen gehören selbst im harmonischsten Team oftmals dazu. Schließlich treffen verschiedene Charaktere aufeinander und nicht jede/r kommt auch mit jedem/jeder klar. Doch berufliche oder auch persönliche Differenzen sind das eine, Mobbing das andere. Fühlt sich jemand aus dem Team systemisch angefeindet, schikaniert, beleidigt oder ausgegrenzt, müssen Chef:innen handeln. Aber nur, wenn sie auch zweifelsfrei davon wissen, wie ein Urteil zeigt.
„Mobbing liegt vor, wenn unerwünschte Verhaltensweisen bezwecken oder bewirken, dass die Würde der betreffenden Person verletzt und ein von Einschüchterung, Anfeindung, Erniedrigung Entwürdigungen oder Beleidigungen gekennzeichnetes Umfeld geschaffen wird.“ (Definition Bundesarbeitsgericht)
Der Fall
Geklagt hatte eine Frau, die sich unter anderem aufgrund ihrer polnischen Herkunft sowie ihres Glaubens von den Kolleg:innen gemobbt fühlte. Deswegen hatte sie nach eigenen Angaben den Chef hinzugezogen und um Hilfe gebeten. Doch diese blieb offenbar aus. Mehr noch: Auch der Chef habe ihre Persönlichkeitsrechte verletzt und gegen seine Fürsorgepflicht verstoßen, weil er ihr Arztbesuche während der Arbeitszeit und Trinkpausen ohne Absprache untersagt hatte, weshalb die Frau nachträglich Schadenersatz in Höhe von 40.000 Euro geltend machte.
Der Fall landete vor dem Landesarbeitsgericht (LAG) Schleswig-Holstein. Und das wies die Forderung der Frau zurück. Der Grund: Einen Beweis für das Mobbing beziehungsweise die Kenntnis des Chefs darüber hatte sie nicht.
Beweise Pflicht: Mobbing muss Chef:innen bekannt sein
Arbeitgebende sind generell verpflichtet, den Schutz der Gesundheit und des Persönlichkeitsrechts ihrer Mitarbeiter:innen sicherzustellen. Dazu gehört auch, Angestellte vor Mobbingattacken ihrer Kolleg:innen zu schützen. Doch gegen dieses Prinzip können Chef:innen nur verstoßen, wenn sie auch davon wissen. Bleiben Angestellte Beweise für das Mobbing und ein entsprechendes Hilfegesuch bei dem/der Vorgesetzten schuldig, gilt dies nicht, so das LAG.
„,Mobbing‘ ist kein Rechtsbegriff und damit auch keine mit einer Rechtsnorm vergleichbare selbständige Anspruchsgrundlage für Ansprüche eines Arbeitnehmers gegen seinen Arbeitgeber oder gegen Vorgesetzte bzw. Arbeitskollegen“, heißt es im Urteil. Außerdem müsse im Einzelfall geprüft werden, ob der/die Chef:in wirklich gegen seine arbeitsrechtlichen Pflichten verstoßen habe, wenn entsprechende Ansprüche geltend gemacht werden. Im konkreten Fall behauptete der Chef, nichts von den Mobbing-Vorfällen gewusst zu haben. Die Frau konnte wiederum nicht beweisen, dass sie ihren Arbeitgeber informiert hatte und argumentierte, er habe die Mobbing-Vorfälle auch von allein mitbekommen müssen. Doch das Gericht wies die Vorwürfe und damit auch die Schadenersatzforderung als unbegründet zurück.
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