Minipille: Risiko für Hirntumore unter Desogestrel
Minipillen erfreuen sich wachsender Beliebtheit – vor allem, weil sie im Vergleich zur klassischen Pille mit weniger Nebenwirkungen verbunden sind. Denn anders als kombinierte orale Kontrazeptiva (KOK) enthalten sie ausschließlich Gestagene. Kommt dabei Desogestrel zum Einsatz, ist jedoch Vorsicht geboten. Denn unter dem in der Minipille oft enthaltenen Wirkstoff kann das Risiko für Hirntumore steigen.
Desogestrel gehört zu den Gestagenen der dritten Generation und wird in der Leber durch das Cytochrom P450 (CYP3A)-Isoenzym umgewandelt, um seine Funktion ausüben zu können. Die Hauptwirkung basiert auf der Hemmung der Ovulation. Hinzu kommen eine Hemmung der Uterusschleimhaut und der follikularen Entwicklung sowie eine Verdickung des Zervixschleims. Eine Spermien-Penetration bleibt dagegen aus. Außerdem kann das Gestagen laut Studien dazu beitragen, die Beschwerden von Dysmenorrhoe zu lindern.
Das Problem: Unter der Anwendung einer Minipille mit Desogestrel kann das Risiko für Hirntumore – genau Meningenome – steigen, vor allem bei langfristiger Einnahme. Das ist das Ergebnis einer Studie aus Frankreich.
Meningeome sind Tumore im Gehirn, die sich aus Meningen – der Hirnhaut – bilden. Meist sind Meningeome gutartig und wachsen langsam. Je nach Lage können sie jedoch zur Gefahr werden und mitunter eine operative Entfernung notwendig machen. Symptome eines Meningeoms sind oftmals unspezifisch und äußern sich unter anderem in Sehveränderungen, Hör-, Geruchs- und Gedächtnisverlust, stärker werdenden Kopfschmerzen, Krampfanfällen oder Schwäche der Extremitäten.
Die Studie
Ein Team von verschiedenen französischen Gesundheitseinrichtungen, darunter auch die Französische Nationale Agentur für die Sicherheit von Arzneimitteln und Gesundheitsprodukten, hat untersucht, wie sich eine Langzeitanwendung von Minipillen auf die Hirngesundheit auswirkt. Konkret wurde überprüft, ob die kontinuierliche Einnahme verschiedener Präparate das Risiko für Hirntumore erhöht.
Dafür wurden die Daten von insgesamt mehr als 92.300 Frauen ausgewertet, darunter rund 8.400, die aufgrund eines Meningenoms operiert werden mussten und entweder regelmäßig eine Minipille mit 75 μg Desogestrel oder ein Kontrazeptivum mit 30 μg Levonorgestrel einnahmen. Zum Vergleich wurden außerdem Frauen berücksichtigt, die ein KOK mit Levonorgestrel und Östrogen-Komponente nutzten.
Minipille: Mehr Hirntumore bei steigender Einnahmedauer
Bei der Auswertung zeigte sich: Unter der Einnahme einer Minipille mit Desogestrel traten häufiger Hirntumore – Meningenome – auf. Das Risiko stieg dabei mit der Einnahmedauer. Während dieses insgesamt mit 1 zu 67.300 beziffert wurde – sprich eine von 67.300 Frauen erleidet unter der Einnahme ein Meningenom, das operativ behandelt werden muss – erhöhte sich die Gefahr bei einer Anwendungsdauer von mehr als fünf Jahren auf 1 zu 17.331. Bei Präparaten mit Levonorgestrel – allein oder in KOK – ließ sich dagegen kein erhöhtes Risiko beobachten. Hinzukommt, dass es sich den Forschenden zufolge um einen reversiblen Effekt handelt, der nach dem Absetzen wieder verschwindet.
Dennoch sei entscheidend, in Absprache mit dem/der behandelnden Ärzt:in abzuwägen, welche Verhütungsmethode – beispielsweise KOK, Minipille oder hormonfreie Alternativen – individuell am besten geeignet ist.
Übrigens: Auch unter einer Hormonersatztherapie mit der Wirkstoffkombination Dydrogesteron/Estradiol – enthalten in Femoston – kann das Risiko für Hirntumore steigen.
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