L-Thyroxin: Zu häufig und unnötig?
Dass bei der Anwendung von Levothyroxin (L-Thyroxin) in Kombination mit anderen Arzneimitteln Vorsicht geboten ist, ist bekannt. Doch auch unter dem Wirkstoff allein drohen unerwünschte Wirkungen. Dennoch wird L-Thyroxin hierzulande zu häufig unnötig verordnet, kritisiert die Deutsche Gesellschaft für Endokrinologie (DGE) aktuell.
L-Thyroxin gehört zu den Mitteln der Wahl, wenn Patient:innen an einer Unterfunktion der Schilddrüse leiden. Denn der Wirkstoff entspricht dem natürlichen Schilddrüsenhormon Thyroxin (T4) und ist in der Wirkung ähnlich. Der Arzneistoff wird synthetisch hergestellt und einmal täglich eine halbe Stunde vor dem Frühstück mit Leitungswasser eingenommen.
Levothyroxin ist ein Prodrug und wird im Organismus in das wirksamere Triiodothyronin umgewandelt. Der Wirkstoff ersetzt T4, das von der Schilddrüse nicht mehr ausreichend gebildet werden kann. Die Dosierung richtet sich nach dem Körpergewicht und wird über den TSH-Wert kontrolliert.
Das Problem: In den letzten Jahren ist die Zahl der Verordnungen angestiegen, und zwar ohne, dass der Anteil an Schilddrüsenerkrankungen zugenommen hat, kritisieren Expert:innen der DGE und warnen folglich vor einer zu häufigen und unnötigen Anwendung von L-Thyroxin.
Übergewicht und Co.: L-Thyroxin zu häufig unnötig eingesetzt
Wie die DGE deutlich macht, ist die Zahl der L-Thyroxin-Verordnungen hierzulande in den letzten 15 Jahren um rund 30 Prozent gestiegen. Gründe dafür sehen die Expert:innen vor allem darin, dass der Wirkstoff auch bei Allgemeinsymptomen wie Müdigkeit oder Übergewicht verordnet wird, die jedoch auch andere Ursachen als eine Schilddrüsenunterfunktion haben können. „Häufig wird schon bei leicht erhöhten TSH-Werten L-Thyroxin verordnet. Zudem verschreiben viele Ärzt:innen das Medikament oftmals auf Basis eines einzigen Laborwerts, statt die klinische Gesamtsituation oder Verlaufskontrollen abzuwarten“, heißt es in einer Mitteilung. Wie die DGE warnt, führt dies oftmals zu einer Überversorgung mit L-Thyroxin. Und die kann gefährlich werden.
Ein Beispiel ist der Einsatz des Wirkstoffs zur Behandlung von Schilddrüsenknoten – ohne wissenschaftliche Grundlage. Die Therapie beeinflusse jedoch weder das Entstehen noch die Größe der Knoten. Stattdessen würde insbesondere bei älteren Menschen ein unnötiges Risiko für eine Überdosierung und damit verbundene Folgen wie kardiovaskuläre Ereignisse entstehen, so die Expert:innen. Und auch Übergewicht wird bei vielen Menschen unnötig mit Schilddrüsenhormonen behandelt.
Die DGE appelliert, bei einer ärztlichen Abklärung entsprechender Symptome auf eine korrekte Diagnose und eine individuell passende Dosierung entsprechend notwendiger Präparate zu achten, um L-Thyroxin nicht unnötig zu verordnen.
Achtung: Eine Dauertherapie mit L-Thyroxin kann zu Knochenschwund führen, wie Forschende zuletzt herausgefunden haben.
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