Fieber im Kindesalter kommt sehr häufig vor, denn bei Kindern steigt die Körperkerntemperatur deutlich schneller an als bei Erwachsenen. Oft ist die Ursache des Fiebers nicht sofort erkennbar. Zwar muss nicht jedes Fieber bei Kleinkindern direkt vom Kinderarzt abgeklärt werden, doch es gibt Warnzeichen, bei denen ein Arztbesuch unbedingt anzuraten ist.
Fieber (Pyrexie) als solches ist keine Erkrankung, sondern ein Symptom, welches unterschiedliche Ursachen haben kann. In über 90 Prozent der Fälle sind bakterielle oder virale Infektionen Grund für die Erhöhung der Körpertemperatur.
Mechanismus
Die Körpertemperatur wird über den Hypothalamus noch oben beziehungsweise unten gesteuert. Fieber wird durch sogenannte Pyrogene ausgelöst. Dies sind entweder Stoffwechselprodukte von Erregern selbst oder sie werden im Körper aufgrund unterschiedlicher Ursachen synthetisiert. Die molekularen Mechanismen sind sehr komplex, es sind das Immunsystem, das endokrine System und das Zentralnervensystem involviert. In mehreren Schritten wird das Signal zur Erhöhung (Up-Regulierung) der Kerntemperatur übermittelt. Dabei kommt es zu einer Steigerung der Stoffwechselaktivität sowie der Muskelarbeit, was zu Zittern/Schüttelfrost führen kann. Das Kältegefühl resultiert aus der verringerten Wärmeabgabe über die Haut.
Durch die erhöhte Körpertemperatur werden Vorgänge bestimmter Abwehrzellen im Körper beschleunigt und somit Erreger effektiver bekämpft. Fieber ist daher ein nützlicher Mechanismus. Eine verbindliche Einteilung für die Fieberdefinition gibt es nicht, doch in der Regel spricht man ab
- 37,5 Grad von erhöhter Temperatur (subfebrile Temperatur)
- 38,0 Grad von mäßigem Fieber
- 38,5 Grad von hohem Fieber.
Die Werte beziehen sich immer auf die rektale Messung. Die oral gemessene Temperatur ist in der Regel etwa 0,5 Grad niedriger, axilläre Messungen sogar 0,5 bis 1,0 Grad geringer. Auch aufgrund der unterschiedlichen Messmethoden kommt es zu den verschiedenen Definitionen.
Messmethoden
Experten empfehlen bei Kleinkindern grundsätzlich die rektale Messung, da die Fehlerquote dort sehr gering ist und verlässliche Werte erzeugt werden. Die Messung im Mund (möglichst weit hinten unter der Zunge) oder unter der Achsel wird erst ab etwa dem Grundschulalter empfohlen.
Insbesondere Ohr- und Stirnthermometer bergen die Gefahr von Anwendungsfehlern oder fehlerhaften Werten aufgrund äußerer Einflüsse. So können der falsche Winkel oder Ohrenschmalz im Gehörgang zu falschen Ergebnissen beim Ohrthermometer führen. Richtig angewendet (dafür muss das Kind aber auch stillhalten) kann es eine gute Alternative bei Kleinkindern sein, bei denen die Messung im Po nicht akzeptiert wird. Bei Ohrentzündungen kann es allerdings nicht verwendet werden.
Stirnthermometer haben den Vorteil, dass sie zum Einsatz kommen können, ohne das Kind zu wecken. Doch insbesondere die kontaktlosen Varianten sind nicht zuverlässig bei der Messgenauigkeit. Nicht geeignet sind zudem Schnuller-Thermometer, da auch diese keine zuverlässigen Messwerte liefern.
Kleinkinder und Fieber: Ein Fall für den Arzt
Der Gang zum Arzt ist unausweichlich, wenn:
- es sich um einen Säugling unter drei Monaten mit einer Temperatur ab 38,0 Grad handelt
- das Kind berührungsempfindlich ist
- das Kind nicht mehr trinkt
- der Allgemeinzustand schlecht ist
- das Kind den Eltern verändert vorkommt
- die Eltern unsicher sind
- das Fieber länger andauert.
Es gilt: Je jünger das Kind, desto eher sollte es beim Arzt vorstellig werden. Babys unter einem Jahr nach etwa einem Tag, Kleinkinder zwischen ein und zwei Jahren nach etwa zwei Tagen, Kleinkinder ab zwei Jahren nach etwa drei Tagen.
Behandlung
Fieber muss bei Kleinkindern nicht grundsätzlich gesenkt werden. Es ist eine Schutzreaktion des Körpers, der seine Abwehrkräfte mobilisiert. Durch eine pauschale Senkung kann ein Infekt sogar verlängert werden. Als Faustregel kann man sagen, dass der Zustand des Kindes darüber entscheidet, ob das Fieber gesenkt werden muss oder nicht, denn vielen Kindern geht es trotz Fieber gut. Bei Abgeschlagenheit oder wenn das Kind aufgrund des Fiebers nicht schlafen und sich somit nicht erholen kann, sollte das Fieber gesenkt werden. Um das Fieber zu senken, können wärmeableitende und medikamentöse Maßnahmen zum Einsatz kommen.
Wärmeableitende Maßnahmen
Wärmeableitend wirken Wadenwickel. Sie können bereits bei Babys ab sechs Monaten angewendet werden.
Ganz wichtig ist jedoch, Wadenwickel niemals bei kalten Händen oder Füßen zu machen, da dies auf eine Zentralisierung des Kreislaufes hindeutet.
Das Wasser sollte für die Wickel nur etwa zwei Grad weniger als die gemessene Körpertemperatur betragen. Verwendet werden drei Tücher: Das Innen-, das Mittel- und das Außentuch. Das Innentuch (zum Beispiel ein Geschirrtuch) wird mit dem handwarmen Wasser getränkt und eng um die Wade gewickelt. Das Mitteltuch (ein zweites, am besten etwas größeres Geschirrtuch) nimmt überschüssige Flüssigkeit auf und schützt somit das Außentuch (zum Beispiel ein Frotteehandtuch), welches das Bett trocken hält. Nach wenigen Minuten (wenn die Wickel warm geworden sind) können sie erneuert werden. Kleinkinder mit Fieber, die sich keine Wadenwickel anlegen lassen möchten, können mit einem feuchten Tuch abgewaschen werden.
Medikamentöse Maßnahmen
Ibuprofen und Paracetamol als Zäpfchen oder Saft können unter Einhaltung der entsprechenden Einzel- und Tageshöchstdosen für das jeweilige Körpergewicht des Kindes verabreicht werden, wobei Säfte genauer dosiert werden können als Zäpfchen. Experten zufolge kann ausprobiert werden, auf welchen der beiden Wirkstoffe das Kind individuell besser anspringt. Die Verabreichung von Ibuprofen und Paracetamol im Wechsel wird von manchen Kinderärzten empfohlen, wenn das Fieber schnell ansteigt und eine weitere Gabe des gleichen Wirkstoffs noch nicht möglich ist. Allerdings sollte auch hier der Abstand drei bis vier Stunden betragen.
CAVE: Acetylsalicylsäure ist bei Kindern unter zwölf Jahren kontraindiziert, da der Wirkstoff mit dem Reye-Syndrom in Verbindung gebracht wird. Bei dieser Erkrankung kommt es zu einer Enzephalopathie und Leberschäden.
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