Die Pille danach für eine 14-Jährige? Dürfen Apotheken das Arzneimittel an Minderjährige abgeben und wie sieht es mit Kindern als Boten aus? Eine ausdrückliche gesetzliche Vorgabe für die Arzneimittelabgabe an Minderjährige gibt es hierzulande nicht – egal ob die Kinder und Jugendlichen als Boten geschickt werden oder selbst ein Medikament benötigen. Die Apotheke muss im Einzelfall entscheiden.
Die Rechtslage ist nicht ganz einheitlich. So ist ein Kind gemäß § 1 des Jugendschutzgesetzes eine Person, die noch keine 14 Jahre alt ist. Jugendlich ist man zwischen dem 14. und dem 18. Lebensjahr. Auch die strafrechtliche Verantwortlichkeit knüpft an diese Altersgrenzen an. Während Kinder unter 14 Jahren schuldunfähig sind, sind Jugendliche grundsätzlich strafmündig.
Im Zivilrecht sieht die Sache anders aus, beim Abschluss von Kaufverträgen über Arzneimittel oder apothekenübliche Waren kommt es auf die Geschäftsfähigkeit an. Wer das siebte Lebensjahr noch nicht vollendet hat, ist geschäftsunfähig. Ohne Einbeziehung der gesetzlichen Vertreter (meist sind das die Eltern) können also keine Verträge geschlossen werden, sodass auch kein Anspruch auf die Kaufpreiszahlung besteht.
Minderjährige, die das siebte, aber nicht das 18. Lebensjahr vollendet haben, gelten als beschränkt geschäftsfähig. Wird den Minderjährigen Geld zur freien Verfügung gestellt (Taschengeldparagraph), können im Einzelfall auch Kaufverträge wirksam sein, wenn die Kaufpreisforderung mit dem Geld begleichen wird. „Soweit im Rahmen der Inanspruchnahme von Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung Arzneimittel an beschränkt geschäftsfähige Minderjährige abgegeben werden, kann dies zivilrechtlich zulässig sein, wenn der Minderjährige lediglich einen rechtlichen Vorteil (Arzneimittel) erlangt, ohne zu einer Zahlung verpflichtet zu sein“, heißt es in der Arbeitshilfe der Bundesapothekerkammer zur Qualitätssicherung.
Soll ein Arzneimittel an einen Minderjährigen abgegeben werden, müsse das pharmazeutische Personal besonderes Augenmerk darauf legen, ob die kognitiven Fähigkeiten im Einzelfall vorhanden sind, um die nach § 20 ApBetrO geschuldeten Beratungsinhalte zu verstehen und sachgerechte Schlussfolgerungen daraus zu ziehen, so die BAK. Sind Minderjährige Empfangsboten eines Dritten, müsse anhand des Gefährdungspotenzials des Arzneimittels entschieden werden, ob eine Abgabe erfolgen darf. Außerdem müsse beurteilt werden, ob das Kind in der Lage ist, die Beratungsinhalte an den Dritten weiterzugeben. Bestehen Zweifel, sollte Kontakt (telefonisch) zur Person aufgenommen werden, für die das Arzneimittel bestimmt ist.
Arzneimittel an Minderjährige abgeben?
Ob ein Arzneimittel an einen Minderjährigen abgegeben wird oder nicht, kann von verschiedenen Kriterien abhängen:
- Bestand bereits ein Erstkontakt mit dem Minderjährigen oder dem Dritten, der das Kind als Boten geschickt hat?
- Besteht Erklärungsbedarf oder handelt es sich um eine bestehende und bekannte Medikation?
- Kann der Minderjährige alle Beratungsinformationen weitergeben und kann er, wenn das Arzneimittel für ihn für die Selbstmedikation bestimmt ist, alle Fragen beantworten?
- Liegt eine schriftliche Einverständniserklärung der Eltern vor oder kann mit den Sorgeberechtigten telefonisch Rücksprache gehalten werden?
- Bestehen Bedenken, dass der Minderjährige das Arzneimittel nicht korrekt anwendet oder besteht der Verdacht eines Missbrauchs, spricht dies gegen eine Abgabe.
- Bei Kindern unter 14 Jahren ist die Abgabe von Arzneimitteln ohne Einverständnis der Eltern nicht zu empfehlen, das gilt auch für die Pille danach, wie die BAK in der Leitlinie „Rezeptfreie Abgabe von oralen Notfallkontrazeptiva“ schreibt.
- Fungiert das Kind als Bote, sollte das Arzneimittel sicher verpackt und mit dem Namen des Empfängers gekennzeichnet werden.
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