Indikationscheck Glyceroltrinitrat: Rektalsalbe mit systemischen Nebenwirkungen
Analfissuren sind schmerzhaft, unangenehm und gehören zu den Tabuthemen in der Apotheke. Dabei sind sie keine Seltenheit. Behandelt wird unter anderem mit Glyceroltrinitrat und Calciumantagonisten in topischen Zubereitungen. Auch hier sind systemische Nebenwirkungen möglich.
Reißt die empfindliche Haut des Anoderms, ist von einer Analfissur die Rede. Die Risse können oberflächlich sein oder auch tiefer liegen. Besteht eine Analfissur länger als sechs Wochen, gilt diese als chronisch. Treffen kann es jeden – vor allen junge schlanke Frauen leiden häufig unter einer Analfissur, wie Dr. Dietmar Jacob im PTA IN LOVE-Podcast #hämorrhoidengate erzählt.
Ursache einer Fissur kann eine Überdehnung oder zu starke Beanspruchung der Schleimhaut sein. Dies kann beispielsweise bei Verstopfung oder hartem Stuhlgang der Fall sein, denn starkes Pressen beim Stuhlgang erhöht die Gefahr, dass die Innenhaut des Analkanals reißt. Aber auch Durchfall oder ein Hämorrhoidalleiden können Analfissuren begünstigen.
Behandelt wird meist konservativ mit der Regulation des Stuhlgangs und lokaler Schmerztherapie sowie topischen Zubereitungen mit Glyceroltrinitrat, die jedoch schwerwiegende systemische Nebenwirkungen verursachen können.
Glyceroltrinitrat ist als Fertigarzneimittel (Rectogesic 4mg/ g, Kyowa Kirin) im Handel und wird auch als Individualrezeptur verordnet. Die Rektalsalbe wird bei Erwachsenen zur Schmerzlinderung bei chronischen Analfissuren angewendet. Bleibt eine konservative Therapie erfolglos, können auch Symptome von akuten Analfissuren behandelt werden. Die Salbe wird im Abstand von zwölf Stunden aufgetragen, bis die Schmerzen nachlassen. Die Behandlung ist auf acht Wochen begrenzt.
Der Wirkstoff ist aus Nitrolingual akut Spray (Pohl Boskamp) bekannt. Das Arzneimittel kommt unter anderem zur Behandlung des akuten Angina pectoris Anfalls zum Einsatz, denn die Nitroverbindung besitzt gefäßerweiternde Eigenschaften und wirkt relaxierend auf die glatte Muskulatur – es kommt zur Vasodilatation. Diese Wirkung nutzt man auch im Falle der Fissur, denn der innere Analsphinkter entspannt sich. Denn: Ist der Muskeltonus erhöht, kann infolge einer Minderdurchblutung die Entstehung von Fissuren gefördert werden, weil die Blutgefäße, die das Anoderm versorgen, durch den Analsphinkter verlaufen und bei erhöhtem Muskeltonus abgeschnürt werden.
Der Stickstoffmonoxid (NO)-Lieferant entspannt den Schließmuskel und der Analdruck verringert sich, was eine Verbesserung der Andoderm-Durchblutung zur Folge hat. Die Schmerzen lassen nach und die Fissur heilt ab.
Auch wenn die Salbe nur lokal aufgetragen wird, sind systemische Nebenwirkungen wie Kopfschmerzen (sehr häufig), Schwindel (häufig) oder Tachykardie (gelegentlich) möglich. Außerdem sollten die Patient*innen auf Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten achten – die gleichzeitige Einnahme von ACE-Hemmern, Betablockern oder Diuretika sowie der Konsum von Alkohol kann die blutdrucksenkende Wirkung der Rektalsalbe verstärken. Auch Phophodiesterase (PDE)-5-Hemmer wie Sildenafil, Tadalafil oder Vardenafil sollten nicht während der Therapie eingenommen werden, da die Wirkstoffe die hypotensive Wirkung von Glyceroltrinitrat verstärken können. Ursache ist die Erhöhung der NO-Freisetzung durch das Enzym Cyclisches Guanosinmonophosphat (cGMP).
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