Müssen Angestellte das Klo putzen? In besonderen Zeiten sind besondere Maßnahmen nötig, so viel ist sicher – aber gehört das Reinigen der Toiletten dazu? Mit der Frage hat sich das Arbeitsgericht Berlin beschäftigt.
Arbeitgeber:innen haben eine Fürsorgepflicht gegenüber ihren Angestellten. Aufgrund der Pandemie sind die Anforderungen gestiegen und Chef:innen stehen vor besonderen Herausforderungen. Zu beachten sind die SARS-CoV-2-Arbeitsschutzverordnung des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales (BMAS) sowie die SARS-CoV-2-Arbeitsschutzregeln der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA). Unter anderem sind eine Gefährdungsbeurteilung und ein betriebliches Hygienekonzept Pflicht. Letzteres schließt auch die Reinigung der Sanitäranlagen ein. Das Klo müssen Angestellte aber dennoch nicht putzen, wie ein Urteil des Arbeitsgerichts Berlin zeigt.
Was war passiert? Ein Lagerarbeiter wurde im Rahmen der Hygienebelehrung aufgrund der Pandemie beauftragt, regelmäßig das Klo zu putzen. Das lehnte der Angestellte ab, was von der/dem Arbeitgebenden als Arbeitsverweigerung gewertet wurde. Laut Arbeitsvertrag umfasst die Tätigkeit des Angestellten im Wesentlichen das Abfüllen von Tee sowie das Kommissionieren von Ware. Außerdem hat sich der Mitarbeiter per Arbeitsvertrag verpflichtet, auch andere Arbeiten zu verrichten, die nicht mit einer Minderung des Lohns verbunden sind. Vor Gericht wurde geklärt, ob auch das Reinigen der Toiletten dazugehört.
§ 4 Arbeitsstättenverordnung: „(2) Der Arbeitgeber hat dafür zu sorgen, dass Arbeitsstätten den hygienischen Erfordernissen entsprechend gereinigt werden. Verunreinigungen und Ablagerungen, die zu Gefährdungen führen können, sind unverzüglich zu beseitigen.“ Somit sind Arbeitgebende in der Reinigungspflicht.
Aus Sicht des/der Arbeitgebenden ist das Putzen des Klos eine „zumutbare Arbeit“. Außerdem müsse der Lagerarbeiter nur zweimal im Monat die Toilette reinigen, was insgesamt zehn Minuten in Anspruch nehme. Die Corona-Pandemie habe zu weiteren Putz- und Hygienemaßnahmen geführt, die der/die Arbeitgebende von den Mitarbeiter:innen durchführen lassen müsse, heißt es im Urteil. Der Mitarbeiter dürfe sich nicht als einziger den in einer betrieblichen Notsituation erforderlichen Tätigkeiten verweigern, so der/die Arbeitgebende.
Das Gericht sieht die Sache anders: Der Lagerarbeiter ist nicht verpflichtet, der Weisung des/der Arbeitgebenden zu folgen und das Klo zu putzen.
Die Begründung: „Die vertraglich vereinbarte Tätigkeit als ‚Arbeiter im Bereich Lager‘ besteht danach vor allem in dem ‚Abfüllen von Tee‘ und dem ‚Kommissionieren von Ware‘.“ Zulässig wären demnach andere Lagerarbeiten wie beispielsweise das Einlagern oder Ordnen von Ware oder Tätigkeiten der Lagerverwaltung. Das Putzen des Klos beziehe sich nicht auf den Bereich Lager – auch nicht, wenn eine räumliche Nähe zum Lager bestehe. Außerdem handele es sich nicht um „andere zumutbare Arbeiten.“
Reinigungsarbeiten seien im Vergleich zu Lagerarbeiten weniger qualifizierte Tätigkeiten. Reinigungsarbeiten „können ohne weiteres und ohne besondere Einarbeitung ausgeübt werden und sind – auch unter Berücksichtigung der erforderlichen Hygiene im Betrieb – für die Beklagte nicht von gleicher Bedeutung wie die vom Kläger geschuldeten Lagerarbeiten.“
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