Ein Arbeitszeugnis gehört zu jedem Jobwechsel dazu, sorgt jedoch mitunter für Streit zwischen Arbeitnehmenden und Chef:innen. Immerhin müssen letztere auf Wunsch nachbessern, wenn eine Formulierung nicht passt. Aber sind sie auch verpflichtet, das Arbeitszeugnis zu schicken?
Endet deine Zeit in der Apotheke, hast du gemäß Gewerbeordnung bekanntlich Anspruch auf ein Arbeitszeugnis, das deine Leistungen während deiner Beschäftigung bewertet (qualifiziertes Zeugnis). Für den Inhalt und die Formulierung gibt es mitunter klare Vorgaben. So muss es laut Bürgerlichem Gesetzbuch möglichst wohlwollend formuliert sein, um dir keine Steine in den Weg zu legen. Ein abschließender Dank des/der Chef:in ist dagegen keine Pflicht.
Bleibt nur noch die Frage, wie das Zeugnis nach dem Ende deines Arbeitsverhältnisses zu dir kommt. Fest steht: Eine digitale Übermittlung ist tabu. So heißt es in § 109 Gewerbeordnung: „Die Erteilung des Zeugnisses in elektronischer Form ist ausgeschlossen.“ Also bleibt nur der Postweg, um dir das Arbeitszeugnis zu schicken, oder?
Keine Pflicht, das Arbeitszeugnis zu schicken
Nein, im Gegenteil: Arbeitnehmende stehen diesbezüglich in der Holschuld, stellt der Virchowbund klar. „Das bedeutet, dass der Arbeitgeber das Zeugnis schreiben und im Betrieb zur Abholung bereitlegen muss. Der Arbeitnehmer wiederum muss es sich abholen.“ Chef:innen sind also nicht dazu verpflichtet, dir das Arbeitszeugnis zu schicken.
Das geht auch aus einem früheren Urteil des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg hervor. Der Grund: Zwar ist der Anspruch auf ein Arbeitszeugnis gesetzlich geregelt, aber kein expliziter Erfüllungsort dafür. „Deshalb greift die allgemeine gesetzliche Regel des § 269 Abs. 1 BGB, dass immer dann, wenn für eine Leistung ein Ort nicht ausdrücklich bestimmt ist oder sich aus den Umständen ergibt, der Wohnsitz des Schuldners maßgeblich ist. Bei Leistungen im Zusammenhang mit Gewerbebetrieben ist Leistungsort der Sitz der Niederlassung des Betriebes (§ 269 Abs. 2 BGB).“ Lediglich in besonderen Ausnahmefällen könne eine andere Regelung gelten. Demnach müssen Chef:innen das Arbeitszeugnis nicht schicken, sondern Arbeitnehmende dieses persönlich abholen.
Übrigens: Auch wenn es sich beim Arbeitszeugnis um ein wichtiges Dokument handelt, ist Falten erlaubt. Demnach handelt es sich dabei nicht um ein verstecktes Signal, um Arbeitnehmende insgeheim schlechtzureden, wie es durch die Gewerbeordnung verboten ist. Das hat ein Gericht entschieden, nachdem ein Beschäftigter auf ein ungefaltetes und ungetackertes Zeugnis gewehrt hatte – zu Unrecht. „Das Arbeitszeugnis darf für einen normalen Geschäfts-Briefumschlag gefaltet werden. Mehrere Seiten dürfen auch zusammengetackert sein. Wichtig ist nur, dass das Zeugnis ,kopierfähig‘ ist und sich die Knicke auf der Kopie nicht abzeichnen“, heißt es vom Virchowbund.
Mehr aus dieser Kategorie
Drei-Tage-Regel bei Krankschreibung: Wochenende zählt mit
An einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (AU) führt meist kein Weg vorbei, wenn Angestellte auf der Arbeit krankheitsbedingt ausfallen. Seit rund zwei Jahren …
Lieferengpässe: ALBVVG bringt keine Besserung
Lieferengpässe sind Dauerthema in den Apotheken. Derzeit sind mehr als drei Millionen Versicherte von Engpässen betroffen. Das ist das Ergebnis …
Vom HV in die Politik: PTA will in den Bundestag
Im Dezember hat Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) im Bundestag die Vertrauensfrage gestellt und damit den Weg zu vorgezogenen Neuwahlen geebnet. …