Drogen machen den Straßenverkehr unsicherer – das ist eigentlich klar. Nach einem Bier darf man aber häufig noch fahren. Jetzt steht auch fest, was künftig für kiffende Autofahrer gilt. Nach der teilweisen Legalisierung von Cannabis kommen auch neue Vorgaben für Autofahrerinnen und Autofahrer. Der Bundestag beschloss am späten Donnerstagabend ein Gesetz der Ampel-Koalition, das einen Grenzwert für den Wirkstoff THC am Steuer und Geldbußen bei Verstößen festlegt – ähnlich der 0,5-Promille-Grenze bei Alkohol. Für Fahranfänger:innen und gemischten Konsum von Cannabis und Alkohol gelten strengere Regeln. Beschlossen wurden auch engere Grenzen für den gemeinsamen Cannabis-Anbau in Vereinen, die ab Juli an den Start gehen können.
Seit 1. April ist Kiffen für Volljährige legal – mit vielen Vorgaben, unter denen auch privater Cannabis-Anbau erlaubt ist. Begleitend folgen jetzt Regelungen für den Straßenverkehr, über die Fachleute seit längerem diskutieren. Bisher galt die strikte Linie, dass schon beim Nachweis von Tetrahydrocannabinol (THC) Konsequenzen drohen. In der Rechtsprechung hat sich ein Wert von 1 Nanogramm je Milliliter Blut etabliert. Beim Verkehrsgerichtstag sprachen sich Expert:innen schon 2022 für eine „angemessene“ Heraufsetzung aus. Denn dies sei so niedrig, dass viele sanktioniert würden, bei denen sich eine Fahrsicherheitsminderung nicht begründen lasse.
Der THC-Grenzwert
Künftig legt ein gesetzlicher Grenzwert fest, wann die Toleranz bei Cannabis endet: Wer vorsätzlich oder fahrlässig mit 3,5 Nanogramm THC oder mehr unterwegs ist, riskiert dann in der Regel 500 Euro Buße und einen Monat Fahrverbot. Die Schwelle folgt Empfehlungen einer Expertenkommission des Verkehrsministeriums, wonach ab dann eine sicherheitsrelevante Wirkung „nicht fernliegend“ ist. Vergleichbar sei es mit 0,2 Promille Alkohol und liege klar unter der Schwelle von 7 Nanogramm, ab der eine Risikoerhöhung beginnt. Eingerechnet ist auch ein Zuschlag für Messfehler.
Mischkonsum
Eine neue Ordnungswidrigkeit stellt es künftig dar, wenn zum Kiffen auch noch Alkohol dazukommt. Hat man die Schwelle von 3,5 Nanogramm THC oder mehr erreicht, gilt ein Verbot von Alkohol am Steuer – also, dass man dann noch ein alkoholisches Getränk zu sich nimmt oder die Fahrt antritt, obwohl man unter der Wirkung alkoholischer Getränke steht. Bei Verstößen droht ein höheres Bußgeld von in der Regel 1.000 Euro. Für Fahranfänger heißt es künftig wie schon bei Alkohol: In der zweijährigen Führerschein-Probezeit und für unter 21-Jährige gilt ein Cannabis-Verbot – der Grenzwert von 3,5 greift also nicht. Sanktion: in der Regel 250 Euro.
Weitere Vorgaben und Tests
Bei THC am Steuer geht es um Cannabiskonsum aller Art, wie im Entwurf erläutert wird – also Joints, aber auch THC-haltige Esswaren, Getränke, Öle und Extrakte. Ausdrücklich ausgenommen ist aber, wenn das THC „aus der bestimmungsgemäßen Einnahme eines für einen konkreten Krankheitsfall verschriebenen Arzneimittels herrührt“. Bei Kontrollen sollten empfindliche Speicheltests „als Vorscreening zum Nachweis des aktuellen Konsums“ eingesetzt werden, heißt es in der Begründung des Entwurfs. Wenn jemand Anzeichen von Ausfallerscheinungen zeige, sei aber in jedem Fall auch bei negativem Speicheltest eine Blutprobe erforderlich.
Cannabis-Wirkungen
Dass Rauschmittel die Fahrtüchtigkeit beeinflussen, ist unbestritten. Bei Cannabis ist die Wirkungsweise aber nicht dieselbe wie bei Alkohol. So ist ein „Herantasten“ an den THC-Grenzwert nicht möglich, wie es im Entwurf heißt. Die Expertenkommission wies auf Studien zur Wirkung hin. Sicherheitsrelevante Effekte treten demnach am stärksten 20 bis 30 Minuten nach dem Konsum auf und klingen nach drei bis vier Stunden wieder ab. Dabei falle bei Konsumenten, die höchstens einmal in der Woche kiffen, die THC-Konzentration in einigen Stunden ab. Bei häufigem Konsum könne sich THC im Körper anreichern und noch Tage bis Wochen im Blut nachweisbar sein.
Reaktionen auf neuen THC-Grenzwert
Der CDU-Fachpolitiker Florian Müller sprach von einem „schwarzen Tag für die Verkehrssicherheit“. Die Beratungen hätten gezeigt, dass es der Ampel-Koalition darum gehe, Cannabis-Konsumenten das Autofahren zu erleichtern. Absurd sei die Argumentation, dass es eine Gerechtigkeitsfrage sei, Cannabis-Konsument:innen und Alkoholtrinker:innen gleichzustellen. Die Grünen-Abgeordnete Swantje Michaelsen betonte dagegen: „Auch in Zukunft darf niemand im Rausch Auto fahren.“ Gleichzeitig gebe es jetzt eine faire Regelung für alle, die Konsum und Fahren trennen. Mit einer pauschalen Kriminalisierung über Regelungen im Straßenverkehr sei nun Schluss.
Das Verkehrsministerium erklärte, nun werde Rechtsklarheit für alle Beteiligten geschaffen. „Das ist ein maßgeblicher Beitrag zur Straßenverkehrssicherheit“, sagte ein Sprecher. Der Bundesrat werde
sich voraussichtlich am 5. Juli mit dem Gesetz befassen, in Kraft trete es dann nach der Verkündung. Zustimmungsbedürftig ist es nicht, die Länderkammer könnte das Verfahren aber prinzipiell noch abbremsen.
Cannabis-Anbauvereinigungen
Beschlossen hat der Bundestag auch Nachbesserungen am Cannabis-Gesetz, die der Bund den Ländern zugesagt hat. Damit mit den Anbauvereinen ab 1. Juli keine großen Plantagen entstehen, sollen Genehmigungen verweigert werden können, wenn Anbauflächen oder Gewächshäuser in einem „baulichen Verbund“ oder in unmittelbarer Nähe mit denen anderer Vereine stehen. Verboten werden soll auch, einen gewerblichen Anbieter mit mehreren Dienstleistungen zu beauftragen, um den „nichtgewerblichen Eigenanbaucharakter“ zu sichern. Flexibler sind auf Wunsch der Länder Kontrollen zu handhaben: statt „jährlich“ heißt es nun „regelmäßig“.
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