Glyceroltrinitrat: Alternativen für die Rezeptur
Glyceroltrinitrat ist als Rezeptursubstanz nicht mehr erhältlich. Der Wirkstoff kommt nicht nur bei Herzerkrankungen, sondern auch zur Behandlung von Analfissuren zum Einsatz. Doch bei der Herstellung von Individualrezepturen muss auf Alternativen ausgewichen werden.
Glyceroltrinitrat wird als Prodrug erst im Organismus zur eigentlichen Wirksubstanz Stickstoffmonoxid (NO) umgewandelt. Der Wirkstoff ist aus Nitrolingual akut Spray (Pohl Boskamp) bekannt. Das Arzneimittel kommt unter anderem zur Behandlung des akuten Angina pectoris-Anfalls zum Einsatz, denn die Nitroverbindung besitzt gefäßerweiternde Eigenschaften und wirkt relaxierend auf die glatte Muskulatur – es kommt zur Vasodilatation und Blutdrucksenkung – Vor- und Nachlast werden gesenkt, der Sauerstoffbedarf reduziert und das Sauerstoffangebot verbessert. Die relaxierende Wirkung wird auch im Falle einer Analfissur genutzt, weil sich der innere Analsphinkter entspannt. Denn: Ist der Muskeltonus erhöht, kann infolge einer Minderdurchblutung die Entstehung von Fissuren gefördert werden, weil die Blutgefäße, die das Anoderm versorgen, durch den Analsphinkter verlaufen und bei erhöhtem Muskeltonus abgeschnürt werden.
Der Stickstoffmonoxid (NO)-Lieferant entspannt den Schließmuskel und der Analdruck verringert sich, was eine Verbesserung der Anoderm-Durchblutung zur Folge hat. Die Schmerzen lassen nach und die Fissur heilt ab.
Ölige Glyceroltrinitrat-Lösung außer Vertrieb
Wurden Individualrezepturen in der Apotheke hergestellt, kam unter anderem Ölige Glyceroltrinitrat-Lösung 5 Prozent zum Einsatz. Der explosive Stoff war in Mittelkettigen Triglyceriden phlegmatisiert und konnte nicht explodieren, heißt es vom DAC/NRF. Weil die Rezeptursubstanz nicht mehr erhältlich ist, ist die NRF-Vorschrift 5.10. zur Streichung vorgesehen.
FAM als Alternative
Ist dennoch eine Rezeptur verordnet, kann als Alternative mit Rectogesic (4 mg Glyceroltrinitrat pro Gramm) ein Fertigarzneimittel verordnet werden. Die Rektalsalbe wird bei Erwachsenen zur Schmerzlinderung bei chronischen Analfissuren angewendet. Bleibt eine konservative Therapie erfolglos, können auch Symptome von akuten Analfissuren behandelt werden. Die Salbe wird im Abstand von zwölf Stunden aufgetragen, bis die Schmerzen nachlassen. Die Behandlung ist auf acht Wochen begrenzt.
Auch wenn die Salbe nur lokal aufgetragen wird, sind systemische Nebenwirkungen wie Kopfschmerzen (sehr häufig), Schwindel (häufig) oder Tachykardie (gelegentlich) möglich. Außerdem sollten die Patient:innen auf Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten achten – die gleichzeitige Einnahme von ACE-Hemmern, Betablockern oder Diuretika sowie der Konsum von Alkohol kann die blutdrucksenkende Wirkung der Rektalsalbe verstärken. Auch Phophodiesterase (PDE)-5-Hemmer wie Sildenafil, Tadalafil oder Vardenafil sollten nicht während der Therapie eingenommen werden, da die Wirkstoffe die hypotensive Wirkung von Glyceroltrinitrat verstärken können. Ursache ist die Erhöhung der NO-Freisetzung durch das Enzym Cyclisches Guanosinmonophosphat (cGMP).
Eine Alternative sind zudem weitere NRF-Vorschriften – beispielsweise mit dem organischen Nitrat Isosorbiddinitrat oder Diltiazemhydrochlorid.
Analfissur
Reißt die empfindliche Haut des Anoderms, ist von einer Analfissur die Rede. Die Risse können oberflächlich sein oder auch tiefer liegen. Besteht eine Analfissur länger als sechs Wochen, gilt diese als chronisch. Treffen kann es jede/n – vor allem junge schlanke Frauen leiden häufig unter einer Analfissur.
Ursache einer Fissur kann eine Überdehnung oder zu starke Beanspruchung der Schleimhaut sein. Dies kann beispielsweise bei Verstopfung oder hartem Stuhlgang der Fall sein, denn starkes Pressen beim Stuhlgang erhöht die Gefahr, dass die Innenhaut des Analkanals reißt. Aber auch Durchfall oder ein Hämorrhoidalleiden können Analfissuren begünstigen.
Behandelt wird meist konservativ mit der Regulation des Stuhlgangs und lokaler Schmerztherapie sowie topischen Zubereitungen mit Glyceroltrinitrat, die jedoch schwerwiegende systemische Nebenwirkungen verursachen können.
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