Die Wirkstoffangabe könnte auch bei der Verordnung eines Fertigarzneimittels verpflichtend werden. Im Januar wird der Sachverständigenausschuss für Verschreibungspflicht (SVA) eine Empfehlung abgeben. Das Ziel: Medikationsfehler vermeiden. Eigentlich war die Tagung digital angesetzt. Jetzt soll sie doch in Präsenz stattfinden.
Der SAV gibt nicht nur Empfehlungen zu möglichen OTC-Switches ab, sondern wird in seiner Sitzung im Januar auch zu einer Erweiterung in § 2 der Arzneimittelverschreibungsordnung (AMVV) beraten. Konkret geht es um den Tagesordnungspunkt: „Wirkstoffangabe bei Fertigarzneimittelverschreibungen mittels Praxisverwaltungssystem – Antrag auf Erweiterung des § 2 Absatz 1 Nummer 4 AMVV“.
Wirkstoffangabe bei Fertigarzneimitteln
Bislang heißt es: „Bezeichnung des Fertigarzneimittels oder des Wirkstoffes einschließlich der Stärke“. Künftig könnte auch bei der Verordnung eines Fertigarzneimittels die Wirkstoffangabe verpflichtend sein, wenn die Verordnung mittels Praxisverwaltungssystem erfolgt.
„Die Ergänzung wird aus Gründen der Arzneimittelsicherheit empfohlen“, teilt ein Sprecher des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) mit. Denn ohne Wirkstoffangabe könne es zu versehentlichen, falschen Rezeptierungen bei der Nutzung von Praxisverwaltungssystemen kommen, die schwerwiegende Folgen haben können.
Zytostatikum statt Antibiotikum
Dabei wird auf einen Vorfall aus diesem Jahr verwiesen. Eine Arztpraxis hatte einem 15-Jährigen das falsche Arzneimittel verordnet. Versehentlich wurde statt CEC (Cefaclor) das in der Praxissoftware in alphabetischer Reihenfolge darauffolgende Arzneimittel Cecenu (Lomustin) rezeptiert.
Lomustin ist ein Nitrosoharnstoff-Derivat aus der Gruppe der Alkylanzien. Anwendung findet der Wirkstoff meist in der Kombinationstherapie bei Hirntumoren, Hirnmetastasen, Bronchialkarzinomen und Hautkrebs. Denn Lomustin sorgt für eine Störung der DNA- und Proteinbiosynthese von Krebszellen, wodurch deren Zellwachstum gehemmt wird und es zur Apoptose kommt.
Cefaclor ist ein Beta-Lactam-Antibiotikum und gehört zur Gruppe der Oralcephalosporine. Der Wirkstoff kommt unter anderem zur Behandlung von Tonsillopharyngitis, Haut- und Weichteilinfektionen, akuter Mittelohrentzündung und Sinusitis sowie ambulant erworbener Pneumonie zum Einsatz.
Apotheke hatte Verwechslung nicht bemerkt
In der Apotheke wurde weder die falsche Verordnung noch die falsche Dosierungsangabe des Zytostatikums erkannt. Cecenu wird einmal alle sechs Wochen eingenommen, laut Verordnung sollte das Arzneimittel dreimal täglich eingenommen werden. Der Medikationsfehler führte zu schweren Nebenwirkungen beim 15-Jährigen, der in der Notfallambulanz versorgt werden musste – ohne dass die die Einnahme von Lomustin als vermeintliches Antibiotikum auffiel, obwohl die Eltern die Medikation angegeben haben. Der Junge wurde zurück an den Hausarzt verwiesen und Untersuchungen eingeleitet. Erst bei einer Befundauswertung im Krankenhaus fiel der Medikationsfehler durch ein Handyfoto des Vaters auf.
Mehr aus dieser Kategorie
Preissenkung bei Efluelda
Sanofi passt für die kommende Grippesaison 2025/26 den Preis für seinen Hochdosisimpfstoff Efluelda an. Die Preissenkung kommt pünktlich zum Beginn …
Metabolische Azidose: Bicanorm fehlt bis März
Seit März 2024 ist Bicanorm (Natriumhydrogencarbonat) von Lieferausfällen betroffen. Diese werden sich in den kommenden Monaten fortsetzen. Ausreichende Alternativen gibt …
Risperidon: Vorsicht vor Überdosierungen
Die Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft (AkdÄ) informiert aktuell über eine Änderung der Fach- und Gebrauchsinformation bei Risperidon Lösung zum Einnehmen. …