Femannose ist Arzneimittel, Urteil noch nicht rechtskräftig
Streit um Femannose: Seit 2017 geht es in einem Rechtsstreit darum, ob Femannose (D-Mannose) eine physikalische oder pharmakologische Hauptwirkung besitzt. Kurz vor Weihnachten hat das Oberlandesgericht Köln (OLG) die Entscheidung des Landgericht Köln (LG) bestätigt. Es handele sich bei Femannose um ein zulassungspflichtiges Arzneimittel. Das Urteil ist jedoch nicht rechtkräftig und das Produkt laut Hersteller weiterhin verkehrsfähig.
Der Verband für Sozialen Wettbewerb (VSW) hegte Zweifel an der Verkehrsfähigkeit von Femannose und war gegen den Vertrieb vorgegangen – das Produkt sei als Medizinprodukt nicht verkehrsfähig, weil die Hauptwirkung nicht physikalisch, sondern pharmakologisch sei. Das Landgericht Köln hat im März vergangenen Jahres in erster Instanz entschieden, dass es sich bei Femannose um ein zulassungspflichtiges Arzneimittel handelt. Klosterfrau und Cassella-med legten Berufung ein und der Streit ging in die nächste Runde.
Am 23. Dezember 2020 bestätigte das OLG im Berufungsverfahren die Entscheidung des LG. „Das Urteil des OLG Köln ist jedoch noch nicht rechtskräftig“, teilen Klosterfrau und Cassella-med mit. „Wir halten unverändert Femannose N für ein rechtmäßig zertifiziertes Medizinprodukt und werden alles daransetzen, unsere Rechtsauffassung beim BGH durchzusetzen.“
Was bedeutet das für den Vertrieb in den Apotheken? „Femannose N bleibt weiterhin uneingeschränkt verkehrsfähig“, so der Hersteller. „Die Apotheken können die Kundennachfrage nach Femannose N nach wie vor problemlos und unbegrenzt bedienen.“ Der VSW kontert: „Femannose und Femannose N sind als Medizinprodukte nicht verkehrsfähig, da es sich um Arzneimittel handelt.“
Das Urteil: Laut Arzneimittelgesetz sind Arzneimittel unter anderem Stoffe, die im menschlichen Körper angewendet werden, um die physiologischen Funktionen durch eine pharmakologische Wirkung wiederherzustellen, zu korrigieren oder zu beeinflussen. Zum Vergleich: Medizinprodukte besitzen einen physikalischen Wirkmechanismus und besitzen weder pharmakologische noch immunologische Eigenschaften.
Femannose enthält D-Mannose. Der Zucker soll die Bakterien (E. coli) ummanteln und somit verhindern, dass sich die pathogenen Keime an den Schleimhäuten festsetzen können und diese beim Wasserlassen hinausspülen. Ob es sich dabei um eine physikalische Wirkung handelt, sollte ein Sachverständigenausschuss aufklären. Die Expert*innen kamen zu dem Schluss, dass der Zucker spezifisch an Zellstrukturen der Bakterien binde und somit in deren Physiologie und damit in die pathologischen Abläufe von Harnwegsinfektionen eingreife. Dies könne im weiteren Sinne als Blockade der Antwort auf ein anderes Agens interpretiert werden. „Insgesamt ist somit die bestimmungsmäßige Wirkung von D-Mannose aus Sicht der Gutachter*innen am ehesten als pharmakologisch einzuordnen.“
Zudem wirke D-Mannose spezifisch auf Bakterien, die FimH (Adhäsin, das E. coli produziert, Protein aus 279 Aminosäuren) auf der Oberfläche tragen. Allein diese Spezifität gebe einen Hinweis darauf, dass die Interaktion nicht physikalisch sei. „Die Interaktion zwischen D-Mannose und FimH auf der Oberfläche von Bakterien ist fraglos eine direkte molekulare Wechselwirkung.“ Diese verhindere die Interaktion zwischen FimH und körpereigenen Zellen und damit die Pathogenese eines Harnwegsinfekts.
„Für das Vorliegen eines Arzneimittels sprechen neben der ausschlaggebenden pharmakologischen Wirkung auch die Gebrauchsmodalitäten. Der Beipackzettel, die Darreichungsform in kleinen Beuteln und die Hinweise auf Nebenwirkungen sind eher arzneimitteltypisch“, so der VSW.
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