Erdnussallergie: Gekochte Erdnüsse effektiver als Palforzia?
Die Erdnussallergie gehört zu den häufigsten Formen der Nahrungsmittelallergien, informiert die European Centre for Allergy Research Foundation (Stiftung ECARF). Zu den Behandlungsoptionen gehört die Hyposensibilisierung, zum Beispiel durch das Arzneimittel Palforzia. Sind auch gekochte Erdnüsse eine Alternative bei Erdnussallergie?
Rund 0,2 Prozent der Gesamtbevölkerung leiden an einer Erdnussallergie und reagieren somit allergisch auf das enthaltene Speicherprotein Ara h 2. Die Ausprägung beginnt meist bereits im Kindesalter und hält bei einem Großteil der Betroffenen ein Leben lang an. Das Problem: Erdnüsse gehören zu den Nahrungsmitteln, die besonders schwere Reaktionen hervorrufen können, obwohl Betroffene nicht viel davon aufnehmen. „Manchmal reichen dafür schon geringe Mengen von einem Milligramm“, warnt die Stiftung ECARF. Zum Vergleich: Eine Erdnuss wiegt zwischen 500 mg und 1 g.
Um allergische Reaktionen bis hin zur Anaphylaxie zu verhindern, wird neben dem Meiden von erdnusshaltigen Lebensmitteln auch eine Hyposensibilisierung diskutiert. Ob dafür auch gekochte Erdnüsse bei Erdnussallergie infrage kommen, beantwortet eine neue Studie.
Funfact: Erdnüsse sind nur vom Namen her Nüsse. Botanisch betrachtet, handelt es sich um Hülsenfrüchte.
Allergiker:innen vertragen 12 g Erdnüsse pro Tag
Forschende der Flinders Universität in Australien haben in einer einarmigen Phase-II-Studie untersucht, wie sich der Verzehr von gekochten Erdnüssen auf die Erdnussallergie bei Kindern auswirkt und ob dies zu einer Desensibilisierung führen kann. Dafür wurden den teilnehmenden Kindern zwischen sechs und 18 Jahren zunächst über zwölf Wochen zweimal täglich Erdnüsse, die zuvor zwölf Stunden lang gekocht wurden, als Pulver verabreicht. Anschließend bekamen die Teilnehmer:innen über einen Zeitraum von 20 Wochen zwei Stunden lang gekochte Nüsse. Den Abschluss bildete eine weitere 20-wöchige Phase, in der die Kinder geröstete Nüsse aßen. Die tägliche Dosis wurde dabei schrittweise erhöht.
Das Ergebnis: 80 Prozent der Proband:innen konnten zum Studienende geröstete Nüsse ohne Symptome verzehren, und zwar bis zur erreichten Erhaltungsdosis von zwölf Nüssen täglich (entspricht etwa 12 g sowie 3.000 mg Erdnussprotein). Damit konnte eine deutlich höhere Sensibilisierung als in Studien zur Einnahme von Palforzia mit insgesamt 1.000 mg Erdnussprotein nachgewiesen werden.
Palforzia (Erdnussprotein, Aimmune) ist seit 2020 in der EU als Arzneimittel zur Behandlung von Erdnussallergie bei Kindern im Alter von 4 bis 17 Jahren und Patient:innen, die im Laufe der Behandlung das Erwachsenenalter erreichen, zugelassen. Das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) hat dem Präparat jedoch nur einen geringen Zusatznutzen zugesprochen.
Das Fazit der Forschenden: „Die orale Immuntherapie mit gekochten und anschließend gerösteten Erdnüssen ist ein pragmatischer Ansatz, der eine wirksame Desensibilisierung zu bewirken scheint und mit einem günstigen Sicherheitsprofil verbunden ist.“ Gekochte und geröstete Erdnüsse könnten demnach bei Erdnussallergie eine alternative Behandlungsoption darstellen und die Angst vor einer versehentlichen Aufnahme von Erdnüssen reduzieren. Die Gabe sollte jedoch nicht auf eigene Faust, sondern unter ärztlicher Kontrolle erfolgen. Zudem seien weitere Studien nötig.
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