Das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) hat Palforzia (Erdnussprotein, Aimmune) nur einen geringen Zusatznutzen zugesprochen. Mehr noch: Die neuartige Behandlung zeigte laut IQWiG in patientenrelevanten Endpunkten ausschließlich Nachteile gegenüber der zweckmäßigen Vergleichstherapie „beobachtendes Abwarten“.
Palforzia ist zugelassen zur Behandlung von Patient:innen im Alter von vier bis 17 Jahren mit bestätigter Erdnussallergie. Die Anwendung kann bei Patient:innen, die 18 Jahre und älter sind, fortgeführt werden. Die Therapie mit Palforzia soll in Verbindung mit einer erdnussfreien Ernährung erfolgen. Die Behandlung besteht aus drei Phasen: initiale Aufdosierung, Dosissteigerung und Erhaltung. Der genaue Mechanismus der Desensibilisierung durch entfettetes Erdnusspulver ist nicht vollständig bekannt. Allerdings kam das IQWiG in der frühen Nutzungsbewertung zu dem Ergebnis, dass Palforzia keinen signifikanten Zusatznutzen zur Vergleichstherapie besitzt.
„In den patientenrelevanten Endpunkten gibt es für 4- bis 17-Jährige ausschließlich Nachteile gegenüber einer reinen erdnussvermeidenden Diät. Nur in einem artifiziellen Surrogatendpunkt zeigt sich ein Vorteil“, so das IQWiG.
Surrogatendpunkte sind Endpunkte, die selbst nicht von unmittelbarer Bedeutung für Patient:innen sind, aber mit patientenrelevanten Endpunkten assoziiert sind (ein Beispiel ist die Blutdrucksenkung als Surrogatendpunkt für Vermeidung eines Schlaganfalls). Wie das IQWiG informiert, sind Surrogatendpunkte oft physiologische oder biochemische Messwerte, die sich relativ schnell und einfach bestimmen lassen.
Im Rahmen der Nutzenbewertung wurden zwei randomisierte, doppelblinde Zulassungsstudien, in denen Palforzia mit Placebo verglichen wurde, herangezogen. In beiden Studienarmen – Verum und Placebo – war eine erdnussvermeidende Diät vorgeschrieben. Kam es zu allergischen Symptomen, war der Einsatz von Antihistaminika oder Adrenalin erlaubt. Das Ergebnis: „Wer das Mittel einnimmt, kann zudem weder auf eine erdnussvermeidende Ernährung noch auf einen Adrenalin-Pen verzichten“.
Die Symptomfreiheit wurde in einer doppelblinden, placebokontrollierten Provokationstestung mit 1.000 mg Erdnussprotein am Ende der Erhaltungsphase untersucht. „Ob dieser Surrogatendpunkt Vorhersagen über allergische Reaktionen nach versehentlicher Erdnussexposition im Zuge einer außerklinischen Hyposensibilisierungstherapie bei Erdnussallergie erlaubt, steht jedoch nicht fest“, so die Expert:innen. Möglicherweise könnten im Alltag auch kleinere Mengen Erdnussprotein allergische Reaktionen hervorrufen, etwa wenn die Betroffenen sich körperlich angestrengt oder heiß geduscht haben, ihr Magen leer ist oder sie zugleich einen Infekt haben.
Mehr noch: Unter Palforzia kam es häufiger wegen unerwünschter Ereignisse zum Therapieabbruch als im Rahmen der zweckmäßigen Vergleichstherapie – etwa jede/r Zehnte beendete die Behandlung vorzeitig. Aus Sicht des IQWiG „ein Beleg für einen höheren Schaden.“
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