Das Tempo macht´s: Medikamente ein- und ausschleichen
Wer kennt es nicht: Kaum haben sich die Beschwerden gebessert, fragen Kund:innen in der Apotheke nach, ob sie Medikament XY nicht einfach absetzen können. Doch ein abruptes Therapieende ist nicht immer eine gute Idee. Stichwort Rebound-Effekt. Mehr noch: Bei einigen Arzneimitteln ist auch zu Beginn der Behandlung Vorsicht geboten und ein schrittweises Vorgehen angesagt. Wir frischen dein Wissen zum Ein- und Ausschleichen auf.
Vom Einschleichen ist die Rede, wenn eine medikamentöse Behandlung nicht von einem Tag auf den anderen mit der Einnahme der angestrebten Dosis beginnt, sondern schrittweise. Das bedeutet, es werden zunächst geringere Dosen des jeweiligen Arzneimittels verabreicht und dann nach und nach gesteigert, bis die eigentliche Therapiedosis erreicht ist. Sowohl die Dosis selbst als auch das Einnahmeintervall können dabei angepasst werden.
Das Ziel: Den Organismus langsam an die Einnahme des Medikaments und dessen Wirkung gewöhnen, damit sich dieser umstellen kann. Außerdem können unerwünschte Wirkungen dadurch frühzeitig erkannt und das Einschleichen nach Bedarf gestoppt werden, bevor es überhaupt zur Höchstdosis und damit weiteren Komplikationen kommt. Außerdem ermöglicht das Einschleichen eine Dosistitration, also das Finden der niedrigsten individuell wirksamen und zugleich verträglichen Dosierung – der Erhaltungsdosis.
Achtung: Wann genau ein Einschleichen notwendig ist, sollten Patient:innen nicht eigenmächtig entscheiden, sondern immer mit dem/der Ärzt:in besprechen.
Langsames Ausschleichen statt abruptem Absetzen
Gleiches gilt für das Absetzen von Medikamenten. Denn mitunter ist dabei ein Ausschleichen nötig. Darunter wird eine langsame Verringerung der Medikamentengabe zum Ende einer Therapie verstanden. Indem die Dosis schrittweise reduziert wird, bekommt der Organismus auch hierbei Zeit, sich umzustellen. Mögliche Entzugserscheinungen sollen damit eingedämmt und dem Rebound-Effekt vorgebeugt werden.
Ein Beispiel: Bei einer langfristigen Behandlung mit Glukokortikoiden sollten Beginn und Ende der Therapie schrittweise erfolgen. Der Grund: Der Körper produziert das Hormon Kortisol in der Nebennierenrinde selbst und muss sich daher erst auf die externe Zufuhr einstellen beziehungsweise von dieser entwöhnen und die Produktion entsprechend anpassen. Ein abrupter Start oder ein plötzliches Beenden der Therapie können zu Stoffwechselproblemen führen, informiert die Barmer.
Außerdem sollten unter anderem Betablocker, Antidepressiva, einige Antiepileptika, Antiarrhythmika, Neuroleptika, Protonenpumpenhemmer, Benzodiazepine sowie Opioide ein- und/oder ausgeschlichen werden.
Tipp: Auch beim Rauchstopp mit Nikotinersatz wird ausgeschlichen. Mehr dazu erfährst du hier.
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