Darf die Apotheke auf Kartenzahlung bestehen?
„Mit Karte bitte.“ – Diesen Satz hörst du in der Apotheke wohl unzählige Male am Tag. Denn die Kartenzahlung wird immer beliebter. Denn sie bietet viele Vorteile. Stichwort Zeitersparnis. Dennoch möchten einige Kund:innen nicht auf Bargeld verzichten. Aber darf die Apotheke die Kartenzahlung zur Pflicht machen?
Mehr als die Hälfte des gesamten Einzelhandelsumsatzes wird inzwischen über Kartenzahlungen generiert, wie Daten von Statista zeigen. Besonders das kontaktlose Bezahlen erfreut sich wachsender Beliebtheit – nicht zuletzt durch die Corona-Pandemie und die damit verbundene Kontaktvermeidung.
Hinzukommt, dass die Kartenzahlung inzwischen oftmals deutlich schneller geht als mit Bargeld. Immerhin müssen weder Kund:innen erst den passenden Betrag im Portemonnaie zusammensuchen noch musst du in der Kasse nach dem richtigen Wechselgeld kramen oder kommst in die Verlegenheit, dass bestimmte Münzen fehlen. Die Echtheitsprüfung von Scheinen entfällt ebenso wie das Kassezählen zum Feierabend. Aber darf die Apotheke generell auf Kartenzahlung bestehen?
Pflicht zur Kartenzahlung in der Apotheke?
Die Antwort kommt von der Europäischen Union. Demnach sind Eurobanknoten und -münzen in den Ländern der Währungsunion die einzigen gesetzlichen Zahlungsmittel. Es besteht also Annahmepflicht. Geregelt ist dies im Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union sowie in der Verordnung (EG) Nr. 974/98. Doch das gilt vor allem für öffentliche Stellen wie Behörden und Co. Demgegenüber können Privatunternehmen eigene Regelungen vereinbaren.
Hinzu kommen weitere Ausnahmen von der Annahmepflicht. Demnach müssen laut § 3 Münzgesetz nicht mehr als 50 Münzen bei einem Einkauf angenommen werden. Außerdem ist die Ablehnung von Bargeld möglich, „wenn der Einzelhändler nicht genügend Euro-Bargeld hat, um das Wechselgeld zurückzugeben, oder wenn ein Missverhältnis zwischen dem zu zahlenden Betrag und dem Nennwert der Banknote besteht“, heißt es in den FAQ der Europäischen Kommission.
Bye bye, Bargeld?
Will die Apotheke eine Pflicht zur Kartenzahlung durchsetzen, muss sie Kund:innen darüber informieren, beispielsweise durch ein Schild an der Eingangstür, damit sie sich darauf einstellen können. Fest steht zudem: Einen Zuschlag für Bargeldzahlungen dürfen Händler:innen nicht erheben.
Die Europäische Kommission sieht eine dauerhafte Verweigerung von Barzahlungen jedoch kritisch, denn dies verstoße gegen die Empfehlung und das Konzept des gesetzlichen Zahlungsmittels, so die Kommission weiter. Auch die Weigerung, größere Scheine wie 200 Euro-Banknoten anzunehmen, sollte laut Empfehlung wenn überhaupt nur in Einzelfällen erfolgen. Die Deutsche Bundesbank gibt zusätzlich zu bedenken: „Dank Bargeld können wir frei entscheiden, wie wir zahlen wollen. Auch für die finanzielle Teilhabe aller Menschen in unserer Gesellschaft ist Bargeld sehr wichtig.“ Hinzukommt, dass Kartenlesegeräte durch technische Probleme defekt sein könnten.
Achtung: Durch die Umstellung auf Debitkarten können Händler:innen wie Apotheken bei der Kartenzahlung zusätzliche Kosten entstehen, wie die Treuhand Hannover kürzlich informierte.
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