„Eine vorgefertigte Antwort habe ich auf meinen Brief erhalten. Mehr war nicht zu erwarten“, erzählt Verena Schulz aus Augsburg. Im Dezember hatte sich die PTA in einem Brandbrief an Bundesgesundheitsminister Jens Spahn ihren Ärger zur Schutzmaskenverordnung von der Seele geschrieben. Verena hat zwar eine Antwort erhalten, die ist aber alles andere als zufriedenstellend. „Ich konnte es mir auch nicht verkneifen, noch einmal meinen Frust aufzuschreiben und zu antworten, auch wenn mir bewusst ist, dass dieser Brief wieder kein Gehör auf oberster Ebene findet.“
Als im Dezember die Schutzmaskenverordnung auf den Weg gebracht wurde, blieb den Apotheken wenig Zeit, die Mammutaufgabe zu stemmen. Binnen kürzester Zeit sollten etwa 27 Millionen Anspruchsberechtigte mit kostenlosen Schutzmasken versorgt werden. In den Apotheken war Land unter und PTA Verena wandte sich in einem Brandbrief an den Minister und lud Jens Spahn herzlichst ein, „in unsere Apotheke zu kommen, um mit unseren verängstigten und ungeduldigen Kund*innen zu diskutieren.“ Zwar sei der Grundgedanke der Masken-Aktion positiv und vorbildlich, es hapere jedoch an der Umsetzung, so die PTA. Denn „sämtliche Risikopatient*innen, die normalerweise zu Hause sein sollten, kamen wegen dieser drei angekündigten Masken heute deutschlandweit in sämtliche Apotheken gerannt.“ Die PTA stellte dem Minister die Fragen, ob es nicht sinnvoller gewesen wäre, die Apotheken früher zu informieren, damit diese auch vorbereitet gewesen wären und ob nicht in der Pressekonferenz ein genaues Datum hätte genannt werden können, ab wann die „schwer zu beschaffenden, in Deutschland oder Kanada produzierten Masken kostenlos zu bekommen sind.“
„Wir sind Protagonisten ohne große Nennung im Abspann.“
PTA Verena Schulz
Die Fragen bleiben unbeantwortet, auch wenn die PTA eine Rückmeldung aus dem Bundesgesundheitsministerium (BMG) erhielt – allerdings nicht vom Minister selbst. „Es wurde nochmal erklärt, wem die Masken zustehen und wie die Abgabe gehandhabt wird. Auf meine Fragen wurde jedoch in keinster Weise eingegangen“, erzählt Verena. Aber immerhin, etwas Lob gibt es im Schreiben vom BMG doch für die Apotheken: „Bei aller nachvollziehbaren Kritik an Anlaufschwierigkeiten, die in einer solch besonderen Pandemie-Zeit nicht vollständig zu vermeiden sind, bitte ich zu beachten, dass die Bundesregierung mit diesem Angebot einen zusätzlichen Anspruch geschaffen hat. Für die Apotheken stellt dies einen erheblichen Mehraufwand dar. Sie versorgen ihre Kunden nach bestem Wissen und Gewissen. Sie sind ein Garant in der Versorgung, aber auch angewiesen auf die Zulieferer. Der neu geschaffene Anspruch auf FFP2-Masken ist jedoch nur ein winziger Ausschnitt der täglichen Anstrengungen zur Bewältigung der Corona-Pandemie, an dem auch die Apotheken einen erheblichen Anteil haben.“
Nicht nur die Apotheken, auch die Mitarbeiter*innen des BMG stünden vor „nie gekannten Herausforderungen. Wir alle arbeiten an und teilweise bereits seit Langem über der Belastungsgrenze. Dies soll keine Ausrede darstellen, sondern als Erklärung dienen, warum wir Ihnen daher auch nicht zu allen Einzelheiten der Gesetz- und Verordnungsgebung des BMG während der Pandemie maßgeschneiderte Antworten geben können.“ Was folgt, ist die Erklärung der Schutzmaskenverordnung.
Brandbrief: PTA kontert Antwort aus dem BMG
„Ich konnte es mir nicht verkneifen, noch einmal meinen Frust aufzuschreiben zu antworten. Natürlich kam bis heute keine zweite E-Mail“, erzählt Verena und schreibt: „Diese Pandemie stellt uns alle vor neue Herausforderungen! Es ist auch sehr lobenswert, dass die Regierung mit diesem Angebot einen zusätzlichen Anspruch geschaffen hat. Aber wie schon geschrieben, hätte man sich über die Umsetzung im Vorhinein mehr Gedanken machen müssen!“
„Wir haben uns damals noch ohne Maske und Spuckschutz, ohne Abstand mit vielen Erkrankten unterhalten und versuchten, zu helfen.“
PTA Verena Schulz
Das BMG hätte gewusst, vor welch große Herausforderung die Apotheken gestellt wurden – „und das noch kurz vor Weihnachten, wo Apotheken besonders stark frequentiert werden. Jetzt ist das Kind schon in den Brunnen gefallen.“ Eine Woche Vorlaufzeit hätte den Apotheken einigen Ärger erspart, ist Verena sicher. „Apotheken hätten sich mit Masken eindecken können. Auch die Höhe des Budgets war mehrere Tage nicht klar.“ Apotheken sollten bei der Maskenbeschaffung in Vorleistung gehen, ohne zu wissen, wieviel oder ob sie überhaupt (Stand 11.12.2020) das Geld bekämen.
„Wir waren seit Beginn des Ausbruchs von Covid-19 die erste Anlaufstelle für erkrankte Bürger*innen. Wir haben uns damals noch ohne Maske und Spuckschutz, ohne Abstand mit vielen Erkrankten unterhalten und versuchten, zu helfen. Leider ging der Corona-Bonus der Bundesregierung auch an uns vorbei“, schreibt die PTA. „Ich habe den größten Respekt vor allen Ärzt*innen, Pfleger*innen und Krankenhausangestellten, die mit schwer erkrankten Covid-Patient*innen zu tun haben und die täglich ums Leben für diese Erkrankten kämpfen.“
Aber auch die Apotheke leisten einen großen Teil. „Das Apothekenpersonal wird sehr oft in der öffentlichen Nennung der systemrelevanten Bereiche leider übergangen. Gleichzeitig geht man dann aber auch davon aus, dass wir das alles dann schon irgendwie schaffen werden. Wir haben fast täglich mit hoch ansteckenden Infektionskrankheiten, die durch Bakterien, Viren, Pilze oder Parasiten verursacht werden, in unserer Offizin zu tun. Wir sind Protagonisten ohne große Nennung im Abspann.“
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