Bittermandeln: Toxische Stollenzutat?
Weihnachten liegt in der Luft! Es duftet nach Plätzchen, Zimt und Vanille. In der Apotheke haben wieder Pottasche, Rosenwasser und Hirschhornsalz Saison. Aber auch Bittermandeln für den Christstollen stehen wieder auf dem Einkaufszettel. Ganz ungefährlich ist die Backzutat im rohen Zustand jedoch nicht. Sie hat es auch schon in den „Tatort“ (Folge 437 „Bittere Mandeln“ und im November in den Münster-Tatort) geschafft.
Bittermandeln nicht roh verzehren
Prunus amygdalus amara sind nicht für das Knabbern vor dem Fernseher geeignet. Sie enhalten etwa 3 bis 5 Prozent Amygdalin. Das cyanogene Glykosid wird während der Verdauung enzymatisch in Benzaldehyd und Blausäure gespalten. Vergiftungserscheinungen sind die Folge. Blausäure blockiert die Cytochromoxidase der Zellatmung und legt diese lahm. Die Folgen sind Magen-Darm-Beschwerden, Herzrasen, Luftnot, Schwindel sowie Atemstillstand, Herzkreislaufbeschwerden und Blutdruckabfall.
Die letale Dosis für einen Erwachsenen liegt bei etwa 50 bis 60 (entsprechend 25 bis 30 g) Bittermandeln, bei Kindern sind es nur fünf bis zehn Stück. In Zahlen ergibt sich die letale Dosis aus 1 mg pro Kilogramm Körpergewicht. Weil Bittermandeln ihrem Namen in Sachen Geschmack alle Ehre machen, sind sie ohnehin roh kaum genießbar.
Gekocht sind Bittermandeln ungiftig
Werden Bittermandeln gekocht, können sie unbedenklich verzehrt werden. Denn die Hitze verflüchtigt die temperaturempfindliche Blausäure. Auch beim Backen nimmt der Blausäuregehalt ab – um etwa 30 Prozent.
Abgabemenge beschränkt
Die Abgabe von Bittermandeln in der Apotheke ist auf Empfehlung der Arzneimittelkommission der Deutschen Apotheker (AMK) auf 10 g bis maximal 20 g beschränkt. Außerdem sollte das Abgabegefäß folgende Hinweise tragen: „Für Kinder unzugänglich aufbewahren“, „Nicht zum Rohverzehr geeignet“, „Nur zum Kochen und Backen verwenden“.
Was die Apotheke sonst noch für die Weihnachtsbäckerei zu bieten hat
Rosenwasser
Die Mischung aus Rosenöl und Wasser wird für die Marzipanherstellung verwendet. Auf ein halbes Kilo Mehl kommen je nach Rezept etwa zwei bis vier Esslöffel Rosenwasser. Alles, was man für Marzipan braucht sind Mandeln, Puderzucker und Rosenwasser.
Tonkabohne
Schwarz und verschrumpelt versteckt die Tonkabohne ihr süßes Vanillearoma. Der getrocknete Samen des südamerikanischen Tonkabohnebaums – einem Schmetterlingsblütler – erinnert an Vanille und kann Süßspeisen und Plätzchen verfeinern. Duft und Geschmack erinnern an eine Mischung aus Vanille, Marzipan, Karamell und etwa Mandel. In der Küche werden nur geringe Mengen benötigt. Auf ein Kilogramm Plätzchenteig genügt ein Viertel Tonkabohne – mit der Muskatreibe fein gerieben.
Achtung: Tonkabohnen enthalten Cumarin – wie auch Cassia-Zimt. Täglich sollten nur 0,1 mg Cumarin pro Kilogramm Körpergewicht verzehrt werden. Hierzulande sind fermentierte Tonkabohnen erhältlich. Diese haben einen reduzierten Cumaringehalt.
Hirschhornsalz
Das Pulver macht den Teig locker und wird vor allem für Flachgebäck wie Plätzchen aus Mürbeteig oder Spekulatius verwendet. Es besteht hauptsächlich aus Ammoniumhydrogencarbonat und riecht schwach nach Ammoniak. Auf 500 g Mehl entfallen 5 g des Backtriebmittels. Das Hirschhornsalz sollte zuvor in etwas Wasser gelöst werden.
Pottasche
Pottasche ist Kaliumcarbonat und wird ebenfalls als Backtriebmittel für flaches Gebäck mit einem hohen Zuckergehalt verwendet. Dosiert wird wie beim Hirschhornsalz.
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