BfArM-Bescheid: Opiumtinktur Maros ist nicht zulassungspflichtig
In den Streit um Opiumtinktur kommt wieder Bewegung. Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) hat eine Entscheidung über die Zulassungspflicht der Opiumtinktur von Maros getroffen – „Das Produkt unterliegt nicht der Zulassungspflicht nach §21 Absatz 1 AMG.“
Rezeptursubstanz oder Fertigarzneimittel? Opiumtinktur kommt seit Jahrzehnten als Rezeptursubstanz zur Behandlung schwerer Durchfälle sowie zur Behandlung des neonatalen Abstinenz-Syndroms zum Einsatz. Seit 2018 gibt es „Konkurrenz“ in Form des Fertigarzneimittels Dropizol. Allerdings ist dieses nur zur Behandlung schwerer Durchfälle, wenn durch die Anwendung anderer Antidiarrhoika keine ausreichende Wirkung erzielt wurde, zugelassen.
Seit Jahren gibt es Ärger und vor verschiedenen Gerichten wird darüber gestritten, ob es sich bei Opiumtinktur Maros um eine Rezeptursubstanz handelt oder nicht. Jetzt meldet sich das BfArM mit einem Bescheid vom 16. August 2022, der PTA IN LOVE vorliegt.
BfArM: Opiumtinktur Maros ist kein Fertigarzneimittel
Konkret geht es um die Entscheidung über die Zulassungspflicht von Tinctura opii normata (50 g, 100 g und 250 g) der Maros Arznei GmbH auf Antrag der Regierung von Oberfranken vom 20. Mai 2019. Laut BfArM-Bescheid ist Opiumtinktur Maros nicht zulassungspflichtig. Das sind die Gründe.
Nach § 2 Absatz 1 Arzneimittelgesetz (AMG) sind Arzneimittel Stoffe oder Zubereitungen aus Stoffen, die zur Anwendung im oder am menschlichen oder tierischen Körper bestimmt sind und zur Heilung oder Linderung oder zur Verhütung von Krankheiten oder krankhafter Beschwerden bestimmt sind. Hierbei handelt es sich um sogenannte Präsentationsarzneirnittel. Von einem Arzneimittel ist aber auch die Rede, wenn Stoffe oder Zubereitungen aus Stoffen im oder am menschlichen Körper angewendet oder einem Menschen verabreicht werden können, um entweder die physiologischen Funktionen durch eine pharmakologische, immnunologische oder metabolische Wirkung wiederherzustellen, zu korrigieren oder zu beeinflussen. Dann wird von sogenannten Funktionsarzneimitteln gesprochen.
Opiumtinktur ist Funktionsarzneimittel
Laut Bescheid handelt es sich bei Opiumtinktur Maros um ein Funktionsarzneimittel im Sinne des § 2 Absatz 1 AMG. Denn Tinctura opii normata sei ein Vielstoffgemisch, das neben anderen Alkaloiden Morphin enthalte, das die physiologischen Funktionen über die Wirkung an zentralen beziehungsweise peripheren Opioidrezeptoren beeinflusse.
Tinctura opii normata ist kein Fertigarzneimittel
Der Begriff des Fertigarzneimittels ist in § 4 Absatz 1 AMG geregelt. Demnach ist ein Fertigarzneimittel ein Arzneimittel, das im Voraus hergestellt und in einer zur Abgabe an den/die Verbraucher:in bestimmten Packung in den Verkehr gebracht wird oder andere zur Abgabe an den Verbraucher:innen bestimmte Arzneimittel, bei deren Zubereitung in sonstiger Weise ein industrielles Verfahren zur Anwendung kommt oder die, ausgenommen in Apotheken, gewerblich hergestellt werden.
Dies treffe auf Opiumtinktur Maros nicht zu – es sei keine der drei Voraussetzungen erfüllt.
„Das Produkt wird in der maßgeblichen Vertriebsstufe weder in einer zur Abgabe an den Verbraucher bestimmten Packung im Sinne des §4 Absatz 1 AMG in den Verkehr gebracht noch ist es ein anderes zur Abgabe an den Verbraucher bestimmtes Arzneimittel i.S. der 2. und 3. Alternative des § 4 Absatz 1 AMG“, heißt es im BfArM-Bescheid.
Denn zur Abgabe an den/die Verbraucher:in bestimmt ist ein Arzneimittel, wenn es mit einer entsprechenden Zweckbestimmung versehen ist – so hat bereits das OLG Hamburg entschieden. „Ein Arzneimittel, dem die Gebrauchsfertigkeit (noch) fehlt, kann mangels objektiver Bestimmung zur Abgabe an Verbraucher kein Fertigarzneimittel sein.“ Erst in der Apotheke werde Opiumtinktur durch Abfüllung in ein Behältnis mit betäubungsmitterechtlich zulässiger Abgabemenge gebrauchsfertig. Zudem sind auf der Faltschachtel und der Flasche die Hinweise „keine Endverbraucherpackung“ und „Versandgefäß“ zu finden – und es fehlt die vorgeschriebene Kennzeichnung nach § 10 AMG sowie die Indikation.
Hinsichtlich der hier maßgeblichen Vertriebsstufe sei davon auszugehen, dass Opiumtinktur Maros üblicherweise stets nur von Apotheken über den Großhandel bezogen und vorrätig gehalten wird, um im Einzelfall auf Grund einer vorliegenden ärztlichen Verschreibung ein Rezepturarzneimittel im Sinne von § 1a Absatz 8 ApBetrO herstellen zu können, so das BfArM.
Das Fazit: Da das Produkt kein Fertigarzneimíttel ist, unterliegt es nicht der Zulassungspflicht nach § 21 Absatz 1 AMG.
Gegen den Bescheid kann innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe Widerspruch erhoben werden.
Das könnte dich auch interessieren
Mehr aus dieser Kategorie
Dosis egal? ASS zur Präeklampsie-Prophylaxe
Wird bei werdenden Müttern ein erhöhtes Risiko für Präeklampsie festgestellt, kommt zur Prophylaxe Acetylsalicylsäure (ASS) ins Spiel. Dabei ist die …
Wirkstoff ABC: Olopatadin
Von A wie Amoxicillin, über B wie Budesonid bis Z wie Zopiclon: Die Liste der Wirkstoffe ist lang. Aber kennst …
Indapamid und Torasemid: Elektrolytentgleisung und Nierenversagen
Leiden Patient:innen unter Bluthochdruck, kommen verschiedene Wirkstoffgruppen zur Behandlung ins Spiel, darunter ACE-Hemmer, Betablocker, Diuretika und Co. – mitunter auch …