Betablocker: Hypoglykämie nach Therapiebeginn
Dass bei Betablockern in Kombination mit anderen Arzneimitteln Vorsicht geboten ist, ist bekannt. So besteht beispielsweise bei gleichzeitiger Anwendung mit Metformin das Risiko einer Hypoglykämie. Doch diese droht auch unter der alleinigen Einnahme von Betablockern – zumindest bei einigen Patient:innen, zeigt eine Studie.
Betablocker – Beta-Adrenozeptorblocker – gehören zu den meistgenutzten Wirkstoffen gegen Bluthochdruck. Sie können sowohl den Blutdruck, die Herzfrequenz als auch den Sauerstoffverbrauch des Herzens senken und haben antiarrhythmische und peripher gefäßverengende Eigenschaften. Die Wirkstoffe blockieren die Beta-1- und Beta-2-Rezeptoren, indem sie antagonistisch an die Rezeptoren binden und somit die Wirkung von Adrenalin und Noradrenalin hemmen.
Außerdem sind die Wirkstoffe zur Behandlung von Herzinsuffizienz, Angina pectoris, koronarer Herzkrankheit (KHK), Tachykardie und anderen Arrhythmien sowie bei Migräne und Glaukom angezeigt. Mögliche häufige Nebenwirkungen sind Bradykardie, Kopfschmerzen, Müdigkeit, Arrythmien, Durchblutungsstörungen der Extremitäten, Potenzstörungen, gastrointestinale Beschwerden und niedriger Blutdruck.
Doch auch das Auftreten einer Hypoglykämie gehört unter Betablockern zu den möglichen Risiken, und zwar bei Diabetiker:innen, die die Therapie neu beginnen. Das ist das Ergebnis von Forschenden aus Kanada.
Betablocker: Erhöhtes Risiko für Hypoglykämie bei Therapiebeginn
Ein Forscherteam der Universität von Waterloo hat eine Fall-Kontroll-Studie anhand von Versichertendaten durchgeführt. Dabei wurden Diabetes-Patient:innen ab 66 Jahren berücksichtigt. Von den knapp 300.000 Diabetiker:innen mussten mehr als 26.500 im Beobachtungszeitraum zwischen 2003 und 2019 aufgrund einer Hypoglykämie im Krankenhaus behandelt werden. Bei den Betroffenen wurde unterschieden, ob sie innerhalb von 90 Tagen vor dem Ereignis neu mit einer Betablocker-Behandlung begonnen hatten, bereits Langzeitanwender:innen waren oder keine entsprechende Therapie erhielten.
Dabei zeigte sich: Vor allem zu Beginn der Therapie mit Betablockern erhöhte sich das Risiko für eine Hypoglykämie deutlich. „Diabetiker, die eine Betablocker-Therapie neu beginnen, haben ein um 87 Prozent höheres Risiko für eine Hypoglykämie im Vergleich zu Langzeitnutzern“, heißt es in der Studie. Der Grund: Betablocker können bekanntlich die Freisetzung von Insulin sowie den Abbau von Glykogen einschränken, wodurch sich der Blutzuckerspiegel ändert. Hinzukommt, dass die Wirkstoffe die Adrenalinwirkung unterdrücken und somit die Korrektur einer Hypoglykämie verlangsamen können, so die Forschenden. Mit zunehmender Therapiedauer würden sich die adrenergen Rezeptoren jedoch an die Behandlung anpassen, wodurch die Gefahr wieder abnimmt.
Auf den Wirkstoff kommt es an
Entscheidend war zudem, dass sich auch Unterschiede je nach Wirkstoff feststellen ließen. Demnach war die Gefahr unter nicht-selektiven Betablockern wie Propranolol größer, auch wenn diese nur selten angewendet wurden und am häufigsten Metoprolol zum Einsatz kam. Hinzukommt, dass sich auch bei gleichzeitiger Nutzung von Insulin mit Betablockern das Risiko für eine Hypoglykämie um etwa das Doppelte erhöhte.
Für die Forschenden sind die Ergebnisse Grund genug, Patient:innen mit Diabetes entsprechend auf die Gefahr hinzuweisen und diese vor allem bei Therapiebeginn engmaschig zu überwachen. „Die ersten Wochen nach Beginn der Therapie erfordern besondere Wachsamkeit bei den Hypoglykämie-Symptomen“, lautet das Fazit.
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