„Einmal das Arzneimittel für meine Oma bitte“, sagt der/die Siebenjährige und legt das Rezept oder den Abholschein in der Apotheke vor. Was jetzt folgt, ist in der Regel eine Einzelfallentscheidung, denn es gibt hierzulande keine ausdrücklichen Vorgaben zur Arzneimittelabgabe an Kinder. Was gilt es zu beachten, wenn Kinder als Bot:innen Arzneimittel abholen?
Egal, ob Kinder als Bot:in für die Eltern oder Großeltern fungieren oder ein Arzneimittel für sich selbst kaufen wollen, die Rechtslage könnte eindeutiger sein. Schließlich gibt es verschiedene Regelungen. Was gilt in puncto Geschäftsfähigkeit und wann ist man eigentlich ein Kind?
Wer noch keine 14 Jahre alt ist, ist gemäß § 1 Jugendschutzgesetz ein Kind und schuldunfähig. Jugendliche zwischen dem 14. und 18. Lebensjahr sind grundsätzlich strafmündig und müssen für begangene Straftaten gemäß Jugendstrafrecht geradestehen.
Wie sieht es mit der Geschäftsfähigkeit aus? Kinder – genauer Personen, die das siebte Lebensjahr nicht vollendet haben –, sind laut § 104 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) geschäftsunfähig. Auch eine Willenserklärung, wie sie für einen Kaufvertrag nötig ist, ist nichtig. Somit ist ein Abschluss eines Kaufvertrages beispielswiese über ein Arzneimittel oder apothekenübliche Waren ohne Einbeziehung der gesetzlichen Vertreter (in der Regel sind das die Eltern) nicht möglich. Mit Kindern können also keine Verträge geschlossen werden.
Mit zunehmendem Alter nimmt auch die Geschäftsfähigkeit zu. Mit Vollendung des siebten Lebensjahrs sind Personen bedingt geschäftsfähig, und zwar solange, bis das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet ist. Willenserklärungen sind in diesem Alter schwebend wirksam. Eine Ausnahme ist der sogenannte Taschengeldparagraph, also dann, wenn Minderjährigen Geld zur freien Verfügung gestellt wird. Dann können im Einzelfall auch Kaufverträge wirksam sein. Nämlich dann, wenn der Kaufpreis mit dem Taschengeld beglichen wird.
Was bedeutet das für die Abgabe von Arzneimitteln an Kinder in der Apotheke? Aufschluss liefert die Arbeitshilfe der Bundesapothekerkammer: „Soweit im Rahmen der Inanspruchnahme von Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung Arzneimittel an beschränkt geschäftsfähige Minderjährige abgegeben werden, kann dies zivilrechtlich zulässig sein, wenn der Minderjährige lediglich einen rechtlichen Vorteil (Arzneimittel) erlangt, ohne zu einer Zahlung verpflichtet zu sein.“
Arzneimittel an Kinder abgeben: Was ist zu beachten?
Sollen Kinder Arzneimittel in der Apotheke abholen, handelt es sich wie beschrieben um eine Einzelfallentscheidung. Dabei sollte das pharmazeutische Personal unter anderem folgende Dinge in die Entscheidung: Abgabe Ja oder Nein, einbeziehen:
- das Gefährdungspotential des Arzneimittels
- die kognitiven Fähigkeiten – ist das Kind in der Lage Beratungsinhalte weiterzugeben
- bestehen Zweifel, sollte zu den Eltern/Großeltern – zur Person, für die das Arzneimittel bestimmt ist, Kontakt aufgenommen werden, beispielsweise telefonisch
- bestand bereits Erstkontakt mit dem/der Minderjährigen oder dem/derjenigen, der/die das Kind zur Abholung in die Apotheke geschickt hat
- legt das Kind eine „Vollmacht“ von der Person, für die das Arzneimittel bestimmt ist, vor
Merke: Bei Kindern unter 14 Jahren ist die Abgabe von Arzneimitteln ohne Einverständnis der Eltern nicht zu empfehlen, das gilt auch für die Pille danach, wie die BAK in der Leitlinie „Rezeptfreie Abgabe von oralen Notfallkontrazeptiva“ schreibt - besteht Missbrauchsgefahr
Wird das Arzneimittel an Kinder abgegeben, sollte es sicher verpackt und mit dem Namen des/der Empfänger:in gekennzeichnet werden.
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