Vor knapp zwei Wochen haben die Pläne von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) zur Apothekenstruktur- und Honorarreform das Licht der Welt erblickt. Der Sturm der Empörung reißt nicht ab. Auch von der Adexa kommt Kritik – die Apothekenreform spielt die Berufsgruppen gegeneinander aus.
Die geplanten Maßnahmen werden die Lage der Apotheken laut Adexa nicht verbessern, sondern treiben einen Keil zwischen die Apothekenberufe: „PTA werden gegen angestellte Approbierte und Filialleitungen ausgespielt. Und den Apothekeninhaber:innen werden Anreize für betriebsbedingte Kündigungen nahegelegt.“
Am Freitag hat die Apothekengewerkschaft eine schriftliche Stellungnahme zum Referentenentwurf an das Bundesgesundheitsministerium (BMG) geschickt. Heute findet die nichtöffentliche Verbändeanhörung im Ministerium statt – Bundesvorstand Andreas May wird die Gelegenheit nutzen, Kritik und Alternativvorschläge wie die von der Adexa geforderte gesetzliche Personalzulage von 80 Cent pro Packung vorzubringen.
Kassen werden geschont und Apotheken weiter hingehalten
Um sofort die Nacht- und Notdienstpauschale zu erhöhen, soll Geld aus dem Topf der pharmazeutischen Dienstleistungen genommen werden. „Das ergibt höchstens ganz kurzfristig Sinn“, so die Adexa. Das Geld fehle dann für eine moderne, patientenorientierte und sichere Pharmazie – auch weil Lauterbach weitere pharmazeutische Dienstleistungen plant, die Apotheken übernehmen sollen.
Ohne substanzielle Honorarerhöhung werden Spielräume für Tarifverhandlungen nicht größer
Mehr Geld gibt es weder für die Leistung der Apotheken noch für die Angestellten, die seit Langem auf eine Tariferhöhung hoffen. „Das ist bitter für alle PTA, PKA und angestellte Apotheker:innen.“ Mehr noch: Die Attraktivität der Apothekenberufe verschlechtere sich im Branchenvergleich. Seit Jahresbeginn geht es bei den Tarifverhandlungen zwischen der Adexa und dem Arbeitgeberverband deutscher Apotheken (ADA) sowie der Adexa und der Tarifgemeinschaft der Apothekenleiter (TGL) Nordrhein nicht voran.
Apotheken ohne Approbierte sind mindestens Mogelpackung
Dass erfahrene PTA die Apotheke auch ohne Anwesenheit von Approbierten öffnen dürfen, „ist mindestens eine Mogelpackung, eher aber ein vergiftetes Angebot.“ Der Grund: Ein Mangelberuf soll einen anderen Mangelberuf ersetzen. „Das ist weder logisch noch praktikabel.“ Aber – der entscheidende Unterschied liegt laut Adexa in der Bezahlung. Teure Approbiertenstellen sollen durch „günstigere“ PTA-Stellen besetzt werden. Dabei zeigten sich zwei Herausforderungen: PTA hätten mehr Verantwortung, als ihre derzeitige Ausbildung rechtfertige, und die Vergütung würde der hohen Verantwortung und den möglichen Haftungsrisiken nicht entsprechen.
Zwei-Klassen-Pharmazie
Weil in Zweig- und Filialapotheken nicht alle Leistungen und Services einer vollversorgenden Apotheke entsprächen, entstehe eine Zwei-Klassen-Pharmazie. Notdienst, Rezepturen, Impfungen und volles Angebot an pharmazeutischen Dienstleistungen seien nicht in allen Apotheken möglich. In einigen Regionen gebe es dann lediglich eine Arzneimittelabgabestelle, keine vollwertige Apotheke. „Es stellt sich die Frage, ob Lauterbach damit den Vor-Ort-Apotheken bewusst ihre Alleinstellungsmerkmale gegenüber dem Versandhandel wegnehmen will“, so die Adexa.
Mehr aus dieser Kategorie
Überstunden: Wann fallen (keine) Steuern an?
Mehrarbeit lässt sich angesichts von Personalmangel und Co. für viele Apothekenangestellte oft nicht vermeiden. Diese sorgt immerhin für ein finanzielles …
Beschäftigungsverbot: Kein Erholungsbedürfnis = kein Urlaub?
Weil ein Fortsetzen der beruflichen Tätigkeit für einige Schwangere gefährlich werden kann, kommen mitunter Beschäftigungsverbote ins Spiel. Dass ausstehender Urlaub …
Bei Rot gefahren: Fahrtenbuch statt Fahrverbot?
Im Botendienst muss es mitunter schnell gehen. Doch auch wer im Auftrag der Apotheke beziehungsweise mit dem Firmenauto unterwegs ist, …