Aciclovir-Tablette bald rezeptfrei?
Mitte Juli tagt der Sachverständigenausschuss für Verschreibungspflicht (SAV). Auf der Agenda steht erneut die Wirkstoffangabe bei Fertigarzneimitteln. Außerdem könnten drei Wirkstoffe eine Empfehlung für einen OTC-Switch erhalten. Darunter Aciclovir 50 mg als Bukkaltablette und Melatonin 3 mg.
OTC-Switch für Aciclovir, Melatonin und Rupatadin?
Die Expert:innen beraten im Juli über die Entlassung aus der Verschreibungspflicht von drei Wirkstoffen:
- Aciclovir 50 mg zur Anwendung als Bukkaltablette
- Melatonin 3 mg zur oralen Anwendung
- Rupatadin 10 mg zur oralen Anwendung.
Aciclovir-haltige Bukkaltabletten sind hierzulande nicht auf dem Markt. Im Handel sind beispielsweise Tabletten zu 200, 400 und 800 mg sowie Cremezubereitungen zu 50 mg/g. In Frankreich stehen Bukkaltabletten zu 50 mg Aciclovir im Rahmen der Selbstmedikation zur Verfügung. Anwendung finden diese zur Behandlung von Herpes-simplex-Infektionen an der Lippe oder um den Mund bei Erwachsenen mit einem intakten Immunsystem. Die Tablette sollte im Idealfall eine Stunde nach Auftreten der ersten Symptome wie Juckreiz, Brennen und Rötung angewendet werden. Dazu wird die Tablette auf dem Zahnfleisch oberhalb des Schneidezahns platziert und löst sich im Laufe des Tages auf. Die Tablette soll nicht geschluckt werden, passiert dies, sollte ein Glas Wasser getrunken werden.
Melatonin-haltige Arzneimittel sind in Deutschland verschreibungspflichtig. Auf dem Markt sind Retardtabletten zu 2 mg zur kurzfristigen Behandlung von Schlafstörungen bei Erwachsenen. Präparate zu 5 mg als Retardtablette sind beispielsweise zugelassen zur Behandlung von Schlafstörungen (Insomnie) bei Kindern und Jugendlichen im Alter von zwei bis 18 Jahren mit Autismus-Spektrum Störung (ASS), bei Kindern und Jugendlichen im Alter von sechs bis 17 Jahren mit Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörungen (ADHS). Außerdem sind Nahrungsergänzungsmittel in verschiedenen Darreichungsformen – von Weichgummi über Spray bis Tablette – und Stärken erhältlich.
Rupatadin gehört zu den Antihistaminika der zweiten Generation und blockiert den Histamin H1-Rezeptor. Zudem werden dem Wirkstoff mastzellstabilisierende Eigenschaften zugesprochen. Rupatadin überwindet kaum die Blut-Hirn-Schranke, darum tritt Müdigkeit als unerwünschte Arzneimittelwirkung im Vergleich zu Antihistaminika der ersten Generation seltener auf. Tabletten zu 10 mg sind zugelassen zur Linderung von Symptomen eines allergischen Schnupfens wie Niesen, laufende Nase, Juckreiz an Nase und Augen bei Erwachsenen und Jugendlichen ab einem Alter von zwölf Jahren.
Wirkstoffangabe erneut Thema
Als der SAV zu Jahresbeginn zusammenkam, wurde bereits über eine Erweiterung von § 2 Arzneimittelverschreibungsverordnung diskutiert. Vorgeschlagen wird die Angabe des Wirkstoffes bei der Verordnung eines Fertigarzneimittels mittels Praxisveraltungssystem. Das Ziel: Versehentlich fehlerhaft ausgestellte Verordnungen verhindern. Denn dies ist möglich, wie ein Fall aus dem vergangenen Jahr zeigt. Eine Arztpraxis hatte einem 15-Jährigen das falsche Arzneimittel verordnet – versehentlich wurde statt des Antibiotikums CEC (Cefaclor) das in der Praxissoftware in alphabetischer Reihenfolge darauffolgende Krebsmedikament Cecenu (Lomustin) rezeptiert.
Doch eine Empfehlung wurde nicht abgegeben. Im Kurzprotokoll heißt es: „Der Sachverständigenausschuss für Verschreibungspflicht empfiehlt, den Tagesordnungspunkt zur erneuten Diskussion zu vertagen.“ Außerdem heißt es im Ergebnisprotokoll: „Die Ausschussmitglieder sollten vermeiden, durch ein negatives Votum, das aufgrund des zusätzlichen Informationsbedarfs zur Umsetzung und zu Fragen bezüglich der Konsequenzen entstehen könnte, ein falsches Signal zu senden.“ Somit hat es das Thema im Juli erneut auf die Agenda der Expert:innen geschafft.
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