Achtung, Straftat: Rx-Arzneimittel ohne Rezept
„In meiner Apotheke bekomme ich das immer ohne Rezept.“ Diesen Satz hat wohl jede/r PTA schon einmal gehört. Doch Rx-Arzneimittel dürfen nur bei Vorlage eines Rezeptes abgegeben werden. Und das gilt auch für einzelne Blister.
Kein Rx-Arzneimittel ohne gültiges Rezept – auch nicht an Stammkund:innen. In § 48 Arzneimittelgesetz (AMG) ist geregelt, dass verschreibungspflichtige Arzneimittel „nur bei Vorliegen einer ärztlichen oder zahnärztlichen Verschreibung oder einer tierärztlichen Verschreibung an Verbraucher abgegeben werden“ dürfen. Und das gilt sowohl für die Pille, das Schilddrüsenpräparat als auch den Betablocker, wenn „nur“ ein Blister abgegeben und das Rezept nachgereicht wird – auch wenn Stammkund:innen das Arzneimittel seit vielen Jahren einnehmen.
Ein Verstoß ist keinesfalls ein Kavaliersdelikt, sondern eine Straftat nach § 95 Abs. 1 Nr. 4 AMG, die mit Geldstrafe oder Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren geahndet werden kann.
Rx-Arzneimittel ohne Rezept im Notfall erlaubt?
Die Arzneimittelverschreibungsverordnung (AMVV) gestattet in § 4 Ausnahmen. Zum einen, wenn die Anwendung eines verschreibungspflichtigen Arzneimittels keinen Aufschub erlaubt. In diesem Fall kann „die verschreibende Person den Apotheker in geeigneter Weise, insbesondere fernmündlich, über die Verschreibung und deren Inhalt unterrichten.“ Allerdings muss sich der/die Apotheker:in über die Identität der verschreibenden Person Gewissheit verschaffen und der/die Ärzt:in die Verschreibung in schriftlicher oder elektronischer Form unverzüglich nachreichen.
Zum anderen darf ein Rx-Arzneimittel ohne Rezept an Ärzt:innen für den Eigenbedarf abgegeben werden.
Außerdem hat der Bundesgerichtshof (BGH) im Jahr 2015 entschieden, dass Apotheker:innen ein Rx-Arzneimittel ohne Rezept abgeben dürfen, wenn eine erhebliche, akute Gesundheitsgefährdung eines/einer Patient:in nicht auf andere Weise abgewendet werden kann. Das Urteil geht auf folgenden Fall zurück: Ein Apotheker hatte am Wochenende einer Kundin einen Blutdrucksenker ohne Rezept ausgehändigt, aber zuvor telefonisch mit einer befreundeten Ärztin gesprochen. Die Stammapotheke der Kundin sah darin einen Verstoß gegen das AMG und hatte die Abgabe des Rx-Arzneimittels ohne Rezept abgelehnt und die Betroffene an den ärztlichen Notfalldienst verwiesen. Im Urteil heißt es: „Falls auf andere Art und Weise eine erhebliche, akute Gesundheitsgefährdung des Patienten nicht abzuwenden ist, kann die Abgabe eines verschreibungspflichtigen Medikaments durch den Apotheker im Einzelfall in analoger Anwendung von § 34 StGB in Betracht kommen, obwohl ihm weder ein Rezept vorgelegt wird noch die Voraussetzungen des § 4 Abs. 1 AMVV erfüllt sind.“
Das könnte dich auch interessieren
Mehr aus dieser Kategorie
11,20 Euro: Risikoerfassung hoher Blutdruck uninteressant
Seit 2022 können Apotheken pharmazeutische Dienstleistungen (pDL) anbieten. Doch nur die Hälfte der Apotheken macht mit und 475 Millionen Euro …
Ab 15. Oktober: Änderungen beim Impfhonorar
GKV-Spitzenverband und DAV haben sich auf neue Impfhonorare geeinigt. Zum 15. Oktober tritt der Vertrag zur Durchführung und Abrechnung von …
Syphilis: Benzylpenicillin-Benzathin wird knapp
Anfang September tagte der Beirat zu Liefer- und Versorgungsengpässen. Bewertet wurde unter anderem die Versorgungslage von Benzylpenicillin-Benzathin. Das Antibiotikum, das …