Passgenaue Dosierung: Arzneimittel aus dem Drucker?
„Die Dosis macht das Gift“ – Diesen Satz haben wir wohl alle schon einmal gehört. Denn die richtige Dosierung ist das A und O bei der Medikamentenversorgung. Individuell auf den/die Patient:in zugeschnitten werden, kann diese jedoch nur schwer. Das könnte sich bald ändern, und zwar durch Arzneimittel aus dem Drucker.
„Damit Arzneimittel ihre maximale Wirkung entfalten und möglichst wenig Nebenwirkungen auftreten, muss die Dosierung auf jeden Einzelpatienten angepasst werden“, heißt es in einer Pressemitteilung des Uniklinikums Heidelberg (UKHD). Schließlich gibt es deutliche Unterschiede zwischen der Behandlung von Erwachsenen und Kindern oder gar Säuglingen. Folglich variiert auch die Wirksamkeit eines Medikaments, und zwar bis zu einem Faktor von 100, betonen die Expert:innen vom UKHD. Hinzu kommen Unterschiede beim Stoffwechsel. Das Problem: Eine individuelle Dosierung ist oft schwer umzusetzen, beispielsweise bei Kindern. Denn Darreichungsformen wie Tabletten oder Zäpfchen lassen nur bedingt Spielraum. „Es fehlt bisher an Darreichungsformen, die sehr genau dosiert und verabreicht werden können“, heißt es in der Mitteilung weiter. Ein gemeinsames Team von klinischen Pharmakolog:innen und Apotheker:innen des Universitätsklinikums Heidelberg sowie dem Start-Up Digital Health Systems GmbH will mit einem neuen Ansatz Abhilfe schaffen. Kurz gesagt geht es um Arzneimittel aus dem Drucker.
Doch das Projekt ist noch deutlich vielschichtiger. Die Forscher:innen wollen bestimmte Medikamente als oralen Dünnfilm verabreichen. Der Prozess funktioniert ähnlich wie bei einem normalen Drucker, aber statt Tinte wird mit einem speziellen Pharma-Drucker ein aufgelöstes Arzneimittel auf ein extra dünnes, wasserlösliches Gelplättchen aufgedruckt. Dies wird dann von den Patient:innen eingenommen und löst sich nach wenigen Sekunden im Mund auf.
Die neue Technik macht es den Wissenschaftler:innen zufolge möglich, eine deutlich stufenlosere Dosierung zu gewährleisten als bei Tabletten oder anderen Darreichungen. Vor allem das Herunterdosieren von Medikamenten sei durch den automatisierten Herstellungsprozess leichter möglich. „Während höhere Dosierungen durch Mehrfachgaben leicht erzielt werden können, sind die Herausforderungen bei der Gabe kleinster Mengen besonders groß, da handelsübliche Darreichungsformen geteilt oder gemörsert, Tropfen gezählt oder kleine Flüssigkeitsvolumina genau abgemessen werden müssen“, erklärt Professor Dr. Walter Haefeli, Ärztlicher Direktor der Abteilung Klinische Pharmakologie und Pharmakoepidemiologie am UKHD.
Aktuell läuft eine Testphase mit dem Schlafmittel Midazolam, bei der das Verfahren anhand einer kleinen Gruppe von Proband:innen erprobt wird. Hierbei steht neben der Umsetzbarkeit vor allem die Wirksamkeit der Arzneimittel aus dem Drucker im Fokus.
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