Fertigarzneimittel in der Rezeptur: Ganze Packung abrechnen, Abschlag zurückfordern
Apotheken dürfen die erforderliche Packung, die zur Herstellung der Rezeptur benötigt wird, der Kasse komplett in Rechnung stellen – auch wenn nur ein Teil davon verarbeitet wird. Das hat das Bundessozialgericht Mitte November entschieden und einer Apotheke letztinstanzlich Recht gegeben. Was bedeutet das Urteil für die Praxis?
Formal hat das Urteil nur eine Wirkung auf die betroffenen Parteien – die Apotheke und die AOK Nordwest. Allerdings besteht eine Orientierungswirkung. Daher gehen Expert:innen davon aus, dass die Rechtslage für alle Apotheken und Kassen in Bezug auf die Verwendung von Fertigarzneimitteln in Rezepturen geklärt worden ist. Somit haben Apotheken einen Rückzahlungsanspruch – das sind die Voraussetzungen:
- Es wurde eine Rezeptur unter Verwendung eines Fertigarzneimittels im Jahr 2017 oder später hergestellt und abgegeben und die für die Anfertigung kleinstmögliche Arzneimittelpackung abgerechnet.
- Die Apotheke wurde anteilig retaxiert und hat form- und fristgerecht Einspruch eingelegt.
- Der Einspruch wurde zurückgewiesen.
- Die Kasse hat den retaxierten Betrag ganz oder teilweise von einer Monatsrechnung abgezogen.
Apotheken können außerdem den Apothekenabschlag – Apothekenrabatt – zurückfordern. Der Grund: Apotheken müssen der Kasse den Abschlag nur gewähren, wenn die Krankenkasse ihre Arzneimittelabrechnung fristgerecht und in vollem Umfang ausgleicht. Dies haben die Kassen mit Blick auf das Urteil nicht getan. Demnach entfällt der Abschlag für sämtliche im Abrechnungsmonat mit der jeweiligen Kasse abgerechneten Rezepte.
Was müssen Apotheken jetzt tun?
- alle Retaxationen über die Abrechnung von Fertigarzneimitteln in Rezepturen sammeln
- Monat, in dem der retaxierte Betrag abgesetzt wurde, herausfinden
- retaxierte Beträge und gezahlten Apothekenabschlag zurückfordern (per Musterschreiben)
- zahlt die Krankenkasse die Beträge trotz Aufforderung nicht fristgemäß zurück, kann Klage eingereicht werden
- handelt es sich um Absetzungen aus dem Jahr 2021, ist die drohende Verjährung zu beachten – Klage muss bis zum 31. Dezember erhoben werden
Das könnte dich auch interessieren
Mehr aus dieser Kategorie
Neue Emfehlung zur Meningokokken-Impfung: Apotheken sollen Warenlager anpassen
Die Ständige Impfkommission (Stiko) hat ihre Empfehlung zur Meningokokken C-Impfung angepasst. Für Kleinkinder gibt es keine Impfempfehlung mehr. Apotheken sollten …
Wundbehandlung: Übergangsfrist läuft aus
Bei den sonstigen Produkten zur Wundbehandlung läuft die Übergangsfrist aus. Ihre Verordnungsfähigkeit endet zum 1. Dezember. Eigentlich sollte die Übergangsregelung …
Charge fehlt: Retax vorrangig bei Hochpreisern
Die Übermittlung der Chargenbezeichnung bei elektronisch verordneten verschreibungspflichtigen Arzneimitteln ist Pflicht. Fehlt die Charge, können die Kassen retaxieren. Von der …














