Apothekenreform: PTA sollen bis zu 20 Tage vertreten dürfen
Die Ressortabstimmung für die Apothekenreform wurde heute eingeleitet. In diesem Zusammenhang hat das Bundesgesundheitsministerium (BMG) eine Maßnahmenübersicht zur Apothekenreform erstellt. Dazu gehört unter anderem, dass PTA Apotheker:innen für bis zu 20 Tage vertreten können sollen, ein Ende der Nullretaxation aus formalen Gründen sowie erweiterte Austauschmöglichkeiten bei der Arzneimittelabgabe.
„Wir schaffen Weiterqualifizierungsmöglichkeiten für pharmazeutisch-technische Assistentinnen und Assistenten (PTA) – dies steigert die Attraktivität dieser in der Versorgung sehr wichtigen Berufsgruppe für die Apotheke und trägt langfristig zur Sicherung des Berufsnachwuchses bei“, heißt es vom BMG. Mit einer zweijährigen berufsbegleitenden Weiterqualifizierung sollen PTA eine zeitlich begrenzte Befähigung zur Vertretung der Apothekenleitung erwerben können.
Apothekenleiter können von PTA maximal 20 Tage im Jahr, davon zusammenhängend höchstens zehn Tage, an denen die Apotheke dienstbereit ist, von einem/einer vertretungsberechtigten PTA vertreten werden. Dies gilt nur für Apotheken, in denen sie bereits ohne Beaufsichtigung arbeiten und nicht für spezialisierte Apotheken (beispielsweise Zytostatikaherstellung). Das Curriculum für die Weiterqualifizierung legt die Bundesapothekerkammer fest.
Vergütung
Das Apothekenhonorar soll über die Verhandlungslösung angepasst werden. Die Vertragspartner der Selbstverwaltung erhalten den Auftrag, Anpassungen für die Apothekenvergütung zu verhandeln. Damit erhalte die Apothekerschaft die Möglichkeit, ihre Vergütung selbst mitzugestalten. Um konstruktive Verhandlungen zu fördern, sollen rechtlich verbindliche Leitplanken in Form bestimmter Indizes vorgegeben werden. Die ausgehandelten Anpassungen werden dem Verordnungsgeber als Empfehlung übermittelt und sollen bei künftigen Änderungen der Arzneimittelpreisverordnung einbezogen werden.
Wiedereinführung von handelsüblichen Skonti: Angesichts der großen wirtschaftlichen Bedeutung für Apotheken sollen handelsübliche Skonti für vorfristige Zahlungen künftig wieder ermöglicht werden.
Erhalt des flächendeckenden Apothekennetzes
Für Landapotheken soll es eine zusätzliche Vergütung geben. Denn Schließungen im ländlichen Raum haben größere Auswirkungen auf die Erreichbarkeit von Apotheken. Damit solche Standorte erhalten bleiben, sollen die Verhandlungen der Selbstverwaltung auch gesonderte Zuschläge für Landapotheken enthalten. Bis diese Förderung auf Grundlage von Geodaten und weiteren Parametern in der Praxis umgesetzt werden kann, wird die Vergütung ländlicher Apotheken über eine signifikante Anhebung der Nacht- und Notdienstpauschale gestärkt, heißt es im Maßnahmenkatakog. Der bisherige Zuschlag für pharmazeutische Dienstleistungen (pDL) in Höhe von 20 Cent pro Packung verschreibungspflichtiger Arzneimittel soll auf den pauschalen Notdienstzuschuss umverteilt werden. Damit werde eine annähernde Verdopplung der Mittel für den Zuschuss erreicht.
Künftig sollen neben Vollnotdiensten auch Teilnotdienste (von 20 bis 22 Uhr) bezuschusst werden, und zwar in Höhe von einem Fünftel des Betrages für den Vollnotdienst. Dies unterstütze die Länder in intelligenten Notdienstkonzepten und ermögliche eine flexiblere, das Personal weniger belastende Notdiensteinteilung.
Zweigapotheken sollen weiterentwickelt werden. Dazu sollen die Anforderungen zur Gründung einer Zweigapotheke abgesenkt werden. So können Zweigapotheken künftig eröffnet werden, wenn in abgelegenen Orten oder Ortsteilen eine eingeschränkte Arzneimittelversorgung vorliege. Die Erlaubnis wird in diesen Fällen für einen Zeitraum von zehn Jahren (bisher fünf Jahre) erteilt. Auch die räumlichen Anforderungen werden abgesenkt – auf Notdienstzimmer, Rezeptur bei entsprechender Versorgung innerhalb des Filialverbunds kann verzichtet werden. Bei Notdiensten sollen Zweigapotheken nur noch für maximal zwei Stunden tagsüber in Anspruch genommen werden. „Für abgelegene Regionen mit deutlich eingeschränkter Arzneimittelversorgung sollen so Anreize für die Gründung weiterer Zweigapotheken und somit einem Erhalt des flächendeckenden Apothekennetzes gesetzt werden.“
Fachkräftesicherung stelle vor allem für Apotheken in ländlichen Gebieten eine große Herausforderung dar. Darauf werden in der Reform eingegangen und ein flexiblerer Einsatz von Personal ermöglicht – etwa bei der Festlegung von Filial- und Zweigapothekenleitungen, die künftig durch zwei Personen wahrgenommen werden können. So sollen eine flexiblere Personaleinteilung und eine Förderung von Teilzeitarbeit erreicht werden. Außerdem soll Apotheker:innen mit ausländischem Abschluss künftig die Gründung (bisher: Übernahme) von Apotheken möglich sein. Fachpersonal im Anerkennungsverfahren könne bereits während des Verfahrens wie Personen in der Ausbildung eingesetzt werden. Zudem können Personen mit geeigneter nicht-pharmazeutischer Ausbildungen für Hilfstätigkeiten angestellt werden.
Bürokratieentlastung und Stärkung der Eigenverantwortung
Erweiterte Austauschmöglichkeiten: Öffentliche Apotheken sollen künftig bei der Einlösung von Arzneimittelverordnungen ein vorrätiges Arzneimittel abgeben dürfen, wenn das rabattierte Arzneimittel nicht in der Apotheke oder beim Großhandel vorhanden ist. Patientinnen und Patienten profitieren durch schnellere Versorgung und kürzere Wartezeiten, Apotheken durch eine Entlastung bei der Auswahl des Arzneimittels für die Versorgung. Diese Regelung soll zunächst zeitlich befristet und im Anschluss auf ihre Kostenwirkung für die GKV evaluiert werden.
Nullretaxation aus formalen Gründen: Nullretaxation aus formalen Gründen sollen grundsätzlich ausgeschlossen werden – wenn keine konkrete Gefährdung der Arzneimittelsicherheit gegeben ist und die Leistungspflicht der Krankenkasse gegenüber dem Versicherten grundsätzlich erfüllt wurde. Die GKV trägt dabei die Kosten des Arzneimittels, auf das Apothekenhonorar hat die Apotheke in diesen Fällen keinen Anspruch.
Paritätische Stelle: Die Tätigkeit der im Rahmenvertrag über die Arzneimittelversorgung zuständigen Stelle, die bei Verstößen gegen die Preisbindung und gegen das Verbot von Zuwendungen Sanktio-nen verhängen kann, soll gestärkt werden. Zu diesem Zweck ist vorgesehen, das Haftungsrisiko für die Ahndung solcher Verstöße auf die Vertragspartner des Rahmenvertrages zu gleichen Teilen zu übertragen.
Die Apothekenöffnungszeiten werden in die Eigenverantwortung der Apothekenleitung gestellt. Damit können vor allem Apotheken in ländlichen Regionen ihre Geschäftszeiten besser an den Bedarf vor Ort anpassen.
Arzneimittelherstellung/-prüfung: Für effizientere Betriebsabläufe sollen die Herstellung und Prüfung von Arzneimitteln bzw. Ausgangsstoffen vereinfacht werden. Labore für eine Überprüfung von Arzneimitteln und Ausgangsstoffen müssen in Zukunft innerhalb eines Filialverbunds nur noch an einem Standort vorgehalten werden, die Prüfung kann an diesem Ort für alle Apotheken eines Filialverbundes erfolgen. Zur Herstellung benötigte Geräte und Fachliteratur unterfallen ebenfalls der eigenverantwortlichen Entscheidung der Apothekenleitung. Gleiches gilt für die Anpassung standardisierter Herstellungsvorschriften auf die jeweilige Apotheke. Die Vorgaben an die Raumeinheit wird für Sonderfälle flexibilisiert, indem der zuständigen Behörde Ausnahmen hiervon ermöglicht werden.
Weiterleitung von Rezepten (E-Rezept): Im Rahmen eines Heimversorgungsvertrags können Praxen E-Rezepte für die jeweils heimversorgende Apotheke sammeln und an die heimversorgende Apotheke weiterleiten. Pflegeheime sparen dadurch Wege ein. Die Regelung ist bis Ende 2028 befristet, wenn die Heime an den Fachdienst angebunden werden.
Aufbewahrung von Betäubungsmitteln in Kommissionierautomaten: Kommissionierautomaten können auch zur Lagerung von Betäubungsmitteln genutzt werden.
Versand kühlkettenpflichtiger und kühlpflichtiger Arzneimittel: Diese Arzneimittel müssen zukünftig immer mit geeigneten Transportunternehmen unter dokumentierten Bedingungen versandt werden. Die Vorschrift wirkt nicht entbürokratisierend, ist aber aus Gründen der Qualitätssicherung erforderlich.
Digitalisierung der Hilfstaxe: In der Versorgung mit patientenindividuell hergestellten Zytostatika und Leistungen nach § 31 Absatz 6 SGB V wird die technische Ausgestaltung des Systems der Preisfestsetzung über die Hilfstaxe gestärkt und das Verfahren vereinheitlicht. Insbesondere wird hierbei durch verpflichtende elektronische Vorgaben eine einheitliche strukturierte und beschleunigte Preisabfrage gestärkt.
Präventionsaufgaben
Zur Prävention von Herz-Kreislauferkrankungen, Diabetes und tabakassoziierten Erkrankungen sowie zur Früherkennung von hierfür maßgeblichen Erkrankungsrisiken werden gesetzliche Apothekenleistungen als neue pharmazeutische Dienstleistungen (pDL) vorgesehen.
Ausweitung Impfmöglichkeiten: Apotheker:innen sollen für öffentliche Apotheken künftig neben Grippe- und COVID-19-Impfungen alle Impfungen durchführen können, die keine Lebendimpfstoffe enthalten.
Patientennahe Schnelltests: Wie bereits in der COVID-19-Pandemie sollen Apotheken auf Selbstzahlerbasis Schnelltests gegen bestimmte Erreger (z.B. Adeno-, Influenza-, Noro-, RS- und Rotavirus) durchführen dürfen; damit können Infektionsketten schneller unterbrochen werden.
pDL-Weiterentwicklung: Neben den neuen pDL in der Prävention werden weitere pDL gesetzlich (bisher: ausschließlich Verhandlung durch die Selbstverwaltung) vorgegeben (ärztlich verordnetes Medikationsmanagement, korrekte Anwendung von Autoinjekto-ren). Zur Verbesserung der interprofessionellen Zusammenarbeit sollen die Durchführung von pDL und deren Ergebnis in der elektronischen Patientenakte (ePA) gespeichert werden und in bestimmten Fällen die behandelnde ärztliche Person darüber informiert werden. PDL können zudem künftig auch ärztlich verordnet werden.
Abgabe von Rx-Arzneimitteln ohne Verordnung: Verschreibungspflichtige Arzneimittel sollen künftig auch ohne ärztliche Verordnung abgegeben werden können, und zwar
- bei bekannter Langzeitmedikation; erlaubt wird eine einmalige Abgabe der kleinsten Packung unter der Voraussetzung einer bekannten Verordnung über vier Quartale, sofern die Fortführung der Therapie keinen Aufschub erlaubt. Ob die Voraussetzung einer Verordnung über vier Quartale vorliegt, soll in der Regel anhand vorhandener ePA-Einträge überprüft werden.
 - bei akuten, unkomplizierten Formen bestimmter Erkrankungen; hierzu wird zunächst eine Verordnungsermächtigung geschaffen, auf deren Grundlage das BMG auf Empfehlung des BfArM unter Einbindung der Arzneimittelkommissionen der Ärzte und Apotheker in einer Rechtsverordnung Vorgaben für die Abgabe treffen kann.
 
Die Apotheker:innen müssen dazu zum Personal einer öffentlichen Apotheke gehören. Eine Dokumentation erfolgt in der Apotheke und in der ePA. Die Abgabe erfolgt auf Selbstzahlerbasis, wobei die Apotheken für den erhöhten Aufwand einen Betrag von bis zu 5 Euro pro Abgabe verlangen können.
Sonstige Regelungen
Im Infektionsschutzgesetz werden Folgeänderungen und Aktualisierungen einzelner Meldepflichten bestimmter Krankheiten vorgenommen. Insbesondere wird die Meldepflicht von Candidozyma auris (vormals Candida auris) vor dem Hintergrund der zunehmenden Ausbreitung dieses Erregers auf Kolonisationen erweitert.
Das Umweltbundesamt wird zur Durchführung der Delegierten Verordnung (EU) 2024/370 als notifizierende Behörde benannt.
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