„Online-Apotheken sind die Totengräber der Vor-Ort-Apotheken.“ – nur ein Mythos
Das ist einer von drei Mythen, mit denen Dr. Reiner Kern, früher Abda, heute DocMorris, und Lukas Löffler von Redcare auf dem Kongress des Bundesverbandes der Deutschen Versandapotheken (BVDVA) aufräumen wollen – auf Basis von Daten.
Konkert ging es um drei Mythen:
- Online-Apotheken sind Rosinenpicker.
- Online-Apotheken sind im ländlichen Raum nicht vertreten und leisten keinen Beirag zur Schließung von Versorgungslücken.
- Online-Apotheken sind der Totengräber der öffentlichen Apotheken.
Diese Mythen sollten anhand der IEGUS-Studie widerlegt werden. Das Gutachten war bereits Anfang des Jahres vorgestellt worden und bewertet Daten zur Arzneimittelversorgung durch fünf Versender vor der Einführung des E-Rezeptes. Zwischen 2019 und 2023 stieg demnach die Packungszahl bei den fünf Versendern von 61,3 auf 95 Millionen Stück.
Höhere Lieferdichte auf dem Land
Geliefert wurde laut Löffler in alle PLZ-Gebiete in Deutschland mit mehr als 33 Einwohner:innen – auch im ländlichen Raum. Laut Gutachten gab es im Median sogar mehr Lieferungen im ländlichen als im städtischen Raum – 0,4 vs. 0,33 Lieferungen pro Kopf. Das Fazit: Je geringer die Apothekendichte, desto höher sei die Lieferdichte. Somit lasse sich der Mythos, dass Online-Apoheken nicht im ländlichen Raum vertreten sind, widerlegen. „Online-Apotheken beliefern die Regionen, wo Versorgungslücken entstehen“, so Löffler.
Dass Vor-Ort-Apotheken nicht aufgrund von Online-Apotheken schließen, belegte Kern anhand von Rx-Zahlen. Verschreibungspflichtige Arzneimittel sind das „Backbone“ der Apotheke. Der Rx-Umsatz macht 85 Prozent in den öffentlichen Apotheken aus. Die Zahlen der Abda würden zeigen, dass Apotheken den Rx-Umsatz trotz Versand signifikant steigerten. Es gebe keine Korrelation zwischen Online-Apotheken und Rx-Versand und Apothekensterben.
Es zeige sich ein Konsolidierungseffekt: Die verbleibenden Apotheken übernehmen laut Kern das Personal, die Patient:innen und den Umsatz der geschlossenen Apotheken und könnten damit wachsen. Das Versorgungspotenzial sei nicht gesunken.
Profil der Schließungen
Geschlossen wurden laut Kern vor allem Apotheken, die im Umkreis von 800 m von der nächsten Apotheke entfernt lagen. Sie lagen eher in dichter besiedelten Gebieten und hätten eine höhere Anzahl an Nachbarapotheken. Zudem seien die geschlossenen Apotheken im Netz schlechter bewertet gewesen und hätten seltener auf Bewertungen geantwortet.
Apothekenschließungen führten nicht automatisch zu längeren Wegen für Bürger:innen. Laut Kern ist eine Verschlechterung der Erreichbarkeit nur für 2,4 Prozent der Bevölkerung zu verzeichnen. 47,7 Millionen Menschen müssten weniger als 1 km bis zur nächsten Apotheke zurücklegen.
Rx ist Chance für Online-Apotheken
Der Rx-Markt ist 55 Milliarden Euro schwer. Den volldigitalen Rezepteinlöseweg gebe es aber erst seit einem Jahr, so Löffler. Das Verhalten der Patient:innen sei seit Langem eintrainiert und die Verhaltensweise verinnerlicht. Das zu ändern, gehe nicht innerhalb von wenigen Monaten.
Kern sieht vor allem eine Chance bei den großen Volumina der Chronikerversorgung. Dabei gehe es um einen Convenience-Service. Stichwort: Anschlussverordnung. Diesen sollte laut Kern auch der Versand leisten können.
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