Zwangsurlaub wegen Corona?
„Wieso soll ich Urlaub nehmen? Ich kann doch sowieso nirgendwo hin.“ Der Zauber um die schönste Zeit des Jahres ist während der Pandemie verflogen und die Urlaubsplanung wird auf die lange Bank geschoben. Können Chef:innen Zwangsurlaub anordnen?
Urlaub dient der Erholung und der Erhaltung der Arbeitskraft, heißt es im Bundesrahmentarifvertrag. Außerdem sollten die freien Tage möglichst zusammenhängend beantragt und auch gewährt werden. Bei der Urlaubsplanung sind die Wünsche der Arbeitnehmer:innen zu berücksichtigen. Eine Ausnahme besteht laut § 7 Bundesurlaubsgesetz, wenn dringende betriebliche Belange oder Urlaubswünsche von Kolleg:innen, die unter sozialen Gesichtspunkten den Vorrang verdienen, entgegenstehen. Per se vorschreiben, wann Angestellte ihren Jahresurlaub nehmen müssen, können Vorgesetzte also nicht.
Fest steht jedoch: „Der Urlaub muss im laufenden Kalenderjahr gewährt und genommen werden.“ Ein Übertrag in das nächste Kalenderjahr ist nur gestattet, wenn dringende betriebliche oder persönliche Gründe des/der Arbeitnehmer:in wie beispielsweise Krankheit dies rechtfertigen. Ist dies der Fall, müssen die Resturlaubstage in den ersten drei Monaten des neuen Kalenderjahres abgefeiert werden. Apothekeninhaber:innen und Mitarbeiter:innen können außerdem vereinbaren, dass drei Urlaubstage pro Kalenderjahr mit je 1/25 des monatlichen Bruttogehalts abgegolten werden.
Dennoch können Chef:innen Zwangsurlaub anordnen, und zwar infolge „dringender betrieblicher Belange“ (Grundlage ist § 7 Absatz 1 Bundesurlaubsgesetz) – Störungen im Betriebsablauf, Auftragsflaute oder wirtschaftliche Krise des Unternehmens gehören nicht dazu und rechtfertigen einen Zwangsurlaub nicht. Alternativen sind in diesen Fällen beispielsweise Kurzarbeit oder der Abbau von Überstunden.
„Zwangsurlaub ist nur selten möglich. Die einseitige Anordnung von Urlaub gegen den Willen der Arbeitnehmer:in setzt nämlich immer dringende betriebliche Belange voraus“, teilt ver.di mit. Und das trifft auch während der Pandemie zu: „Grundsätzlich kann der Arbeitgeber Beschäftigte nicht gegen ihren Willen in den Urlaub schicken“, schreibt ver.di. Ausnahmen gelten für sogenannte Betriebsferien, die mit ausreichend Vorlauf angekündigt werde müssen. „Zudem ist billiges Ermessen zu berücksichtigen, auch muss genug Resturlaub zur freien Verfügung verbleiben. Und auch die Belange der Beschäftigten sind zu berücksichtigen. Von heute auf morgen den Urlaub einseitig anzuordnen, ist also grundsätzlich nicht zulässig.“
In der Pandemie sind einmal mehr einvernehmliche Lösungen zu suchen.
Laut Bundesrahmentarifvertrag haben PTA Anspruch auf 34 freie Werktage. Mehr Freizeit haben PTA, die fünf Jahre ununterbrochen in einer Apotheke arbeiten. Ihnen wird ein Urlaubstag mehr gegönnt. Wer nicht in Vollzeit in der Apotheke arbeitet, muss den Urlaubsanspruch von Werktagen in Arbeitstage umrechnen. Besteht keine Tarifbindung, gibt es bei einer Sechs-Tage-Woche vier Wochen und entsprechend 24 Werktage Erholung.
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