Vier von zehn Erwachsenen leiden hierzulande mehrmals im Monat unter Kopfschmerzen, mehr als jede/r Zehnte ist von Migräne betroffen. Für Linderung sollen verschiedene Arzneimittel sorgen, darunter nicht-steroidale Antirheumatika (NSAR) oder Triptane. Der Haken: Zu häufig eingenommen verursachen sie neue Probleme. Stichwort Kopfschmerz bei Übergebrauch von Schmerz- oder Migränemitteln.
Leiden Kund:innen unter Migräne, ist schnelle Hilfe gefragt. Denn die Attacken können heftig ausfallen und die Lebensqualität stark beeinflussen. Hilfe kommt in Form von Migränemitteln wie Sumatriptan oder auch durch NSAR wie Ibuprofen. Bei der Abgabe und Beratung in der Apotheke solltest du Patient:innen jedoch darauf hinweisen, die Mittel nicht zu häufig einzunehmen. Denn unter Umständen kann sich dadurch eine neue Erkrankung ausbilden – der „Medication Overuse Headache“(MOH), zu deutsch „Kopfschmerz bei Übergebrauch von Schmerz- oder Migränemitteln“ oder auch Medikamentenübergebrauchskopfschmerz –, warnt die Deutsche Gesellschaft für Neurologie (DGN).
Wie entsteht Kopfschmerz bei Übergebrauch von Schmerz- oder Migränemitteln?
MOH gilt als eigenständige, sekundäre Kopfschmerzerkrankung, die bei chronischen Kopfschmerz- oder Migränepatient:innen auftreten kann. Betroffen sind weltweit im Schnitt etwa 3,4 Prozent der Erwachsenen. „Man spricht von MOH, wenn bei Betroffenen mit vorbestehendem primären Kopfschmerz an mindestens 15 Tagen pro Monat Kopfschmerzen auftreten, die mit Schmerz- oder Migränemedikamenten behandelt werden – und dies über mehr als drei Monate lang“, informiert die DGN. Unter der Einnahme von Triptanen ist das Auftreten von MOH häufiger als unter NSAR. Zu den bekannten Risikofaktoren gehören weibliches Geschlecht, ein niedriger Bildungs- oder Sozialstatus, psychiatrische Erkrankungen, Abhängigkeiten sowie die Einnahme von Medikamenten gegen Schlafstörungen oder Beruhigungsmitteln.
Eine entsprechende Diagnose werde jedoch nur selten gestellt. Denn die genauen Mechanismen, die der Erkrankung zugrunde liegen, sind bisher noch nicht vollständig geklärt. Als mögliche Hintergründe werden unter anderem eine gestörte Schmerzmodulation, psychologische und Verhaltensfaktoren sowie genetische Merkmale diskutiert. Es sei zudem nicht abschließend geklärt, ob die häufige Einnahme von Schmerz-und Migränemitteln zu einer Chronifizierung von Kopfschmerzen führt oder ob sich zunächst die Kopfschmerzen bei Betroffenen verschlechtern und diese daher mehr Schmerz- und Migränemittel einnehmen. Dies muss vor der Diagnose geklärt werden.
Wie wird behandelt?
Kopfschmerz bei Übergebrauch von Schmerz- oder Migränemitteln kann sowohl behandelt als auch verhindert werden. Ziel ist es, die Einnahmehäufigkeit der übergebrauchten akuten Schmerzmittel zu reduzieren oder diese komplett abzusetzen. Parallel dazu soll mit einer geeigneten Kopfschmerz-Prävention begonnen werden, beispielsweise mit Topiramat, Amitriptylin, Botulinumtoxin oder einem monoklonalen Antikörper gegen das migräneauslösende CGRP („Calcitonin Gene-Related Peptide“). Die Erfolgsaussichten der Behandlung sind laut DGN zwar gut, doch die Rückfallquote ist hoch. Daher sollten auch nicht-medikamentöse Maßnahmen ergriffen werden, darunter die Einhaltung angemessener Schlaf- und Erholungszeiten sowie Entspannungstrainings. Wichtig sei außerdem, Kopfschmerzpatient:innen eng zu betreuen und die Behandlung bei Bedarf anzupassen, um einen Übergebrauch zu vermeiden.
Übrigens: Die DGN hat zum Umgang mit MOH eine S1-Leitlinie entwickelt.
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