Wegen Rezeptfälschungen: Praxen sollen E-Rezepte ausstellen
Bereits im Januar hat die AOK Nordost vor Rezeptfälschungen beim Krebsmedikament Lonsurf (Trifluridin/Tipiracil, Servier) gewarnt. Jetzt sendet die Kasse erneut ein Signal, denn dem Kostenträger sei bereits ein Schaden im sechsstelligen Bereich entstanden. Die AOK appelliert an die Praxen, wenn möglich, E-Rezepte auszustellen. Das wünscht sich auch eine Apothekerin, bei der beinahe täglich potenzielle Rezeptfälschungen vorgelegt werden. „Ich würde am liebsten nur noch E-Rezepte beliefern.“
Im ersten Quartal dieses Jahres wurden vor allem in der Hauptstadt gefälschte Papierrezepte über Fentanyl-Pflaster sowie die Krebsmedikamente Lonsurf, Lenvima (Lenvatinib, Eisai) und Besremi (Ropeginterferon alfa-2b, AOP Orphan Pharmaceuticals) eingelöst. Die AOK Nordost appelliert an die Apotheken, die Verordnungen sorgfältig zu prüfen, denn die Fälschungen seien nur schwer erkennbar. Aber auch die Praxen nimmt die Kasse in die Pflicht. Ärzt:innen sollen, wenn möglich, E-Rezepte ausstellen sowie Rezeptblöcke – BtM und Muster-16 – diebstahlsicher aufbewahren. Bestehen in der Apotheke Zweifel, rät die Kasse, Kontakt mit der Praxis aufzunehmen und wenn sich das Rezept als Manipulation bestätigt, die Polizei zu informieren.
Auch Apotheken ist bereits finanzieller Schaden entstanden. Bereits im Februar zahlte eine Berliner Apotheke „Lehrgeld“, denn die Fälschung über Lenvima fiehl erst bei der Rezeptkontrolle auf und es entstand ein Schaden von rund 1.500 Euro. Das Team ist seitdem besonders aufmerksam, und das muss es auch, denn fortan werden immer wieder Fälschungen vorgelegt – teilweise mehrmals pro Woche und sogar an einigen Tagen hintereinander.
In der Regel werde das Arzneimittel telefonisch vorbestellt. Auffällig sei, dass die Anrufenden meist nur schlecht Deutsch sprechen. Die Apotheke ist dazu übergegangen, die Polizei über das vereinbarte Abholzeitfenster zu informieren, damit die Beamt:innen im Ernstfall schnell vor Ort sind und die Kriminellen auf frischer Tat ertappen. „Zum Teil warten Polizisten schon bei uns im Backoffice.“
Doch nicht immer kommt auch eine Streife. Einmal musste die Apothekerin eine „besondere“ Erfahrung machen. „Der Polizeibeamte sagte uns am Telefon, wir sollen das Rezept in den Müll werfen und den Tätern sagen, sie sollen nicht mehr wiederkommen. Zudem würden wir uns strafbar machen, wenn wir den Fall zur Anzeige bringen und die Polizei rufen würden. Und dann bekamen wir noch den Tipp, auf der Seite der Kammer zu gucken, wie wir uns im Fall einer Fälschung richtig verhalten“, ärgert sich die Inhaberin.
Das perfide an den Fälschungen ist, dass die Versichertennummer wirklich existiert. Diese stimmt aber nicht mit dem angegebenen Namen des „Versicherten“ überein, sondern konnte einer Frau zugeordnet werden. Dies ergab die Rücksprache mit der Krankenkasse. Und auch die Praxis bestätigte, dass die Verordnung nicht ausgestellt wurde.
„Am liebsten würde ich nur noch E-Rezepte beliefern, denn da sind bislang noch keine Fälschungen aufgelaufen“, so die Apothekerin und appelliert an die Praxen, nur noch elektronische Verordnungen auszustellen. Vor allem für Präparate, für die immer wieder gefälschte Rezepte vorgelegt werden. Dazu gehören vor allem GLP-1-Rezeptoragonisten, Schmerzmittel, Benzodiazepine und Krebsmedikamente. „Wir sind bei jedem Ozempic-Papierrezept misstrauisch und rufen bei der Praxis an, wenn wir den Patienten nicht kennen. Das kostet Zeit, erschwert die Versorgung und die Neukundengewinnung“, ärgert sich die Inhaberin.
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