Morgen ist es so weit, die Umsatzsteuersatzsenkung tritt in Kraft. Bis Jahresende sinkt der Mehrwertsteuersatz von 19 auf 16 Prozent – der reduzierte Steuersatz sinkt von 7 auf 5 Prozent. Was Apotheken beachten müssen und warum sie heute noch einen Blick auf das Abholbrett werfen sollten, haben wir in Zusammenarbeit mit Torsten Feiertag, Steuerberater aus Berlin, zusammengestellt.
Das Konsumverhalten soll in der Corona-Krise angekurbelt werden, dazu hat die Bundesregierung ein Konjunkturpaket beschlossen. Ein Baustein ist die Mehrwertsteuersenkung, die auch mehr Kunden in die Apotheke bringen soll. Allerdings ist die Maßnahme mit einem Mehraufwand verbunden. Die Preisänderungen werden zum 1. Juli mit Ausnahme von Artikeln mit eigenen Nettopreisen automatisch eingespielt. Von monatsübergreifenden Vorgängen wird abgeraten. Apotheken sollten noch heute möglichst alle offenen Vorgänge abschließen.
Mehrwertsteuersenkung: Abholbrett bereinigen
Alle offenen Aufträge, die auf dem Abholbrett darauf warten, vom Kunden in Empfang genommen und bezahlt zu werden, sollen noch heute bearbeitet oder ausgeliefert werden. Denn ab morgen gelten die reduzierten Umsatzsteuersätze. Entscheidend ist dabei nicht das Bestelldatum, sondern das Lieferdatum, sprich das Datum der Leistungserbringung an den Kunden.
Tipp: Heute Abend alle offenen Aufträge auf dem Abholbrett vor der Mehrwertsteuersenkung stornieren und morgen zum neuen Mehrwertsteuersatz neu anlegen, beziehungsweise auf „Rückstellung unbezahlt“ setzen, soweit die Warenwirtschaft dies zulässt. Einen finanziellen Nachteil hat die Apotheke nicht zu befürchten. Die geschuldete Umsatzsteuer wird an den Kunden berechnet, wie sie an das Finanzamt abzuführen ist, ausgehend vom Nettobetrag.
Es kann sich in einigen Fällen ein Vorteil für die Apotheke ergeben.
Ein Beispiel: Wenn der Wareneinkauf ursprünglich mit 19 Prozent Umsatzsteuer berechnet und der Verkauf mit 16 Prozent Umsatzsteuer belastet wird, entsteht, sofern der (Brutto)Verkaufspreis nicht angepasst wurde, ein Nettoumsatzplus für die Apotheke.
Dieses Plus fließt bei der Ermittlung der Bemessungsgrundlage zur Einkommensteuer und Gewerbesteuer wieder dem Fiskus zu.
Achtung! Alle geparkten Vorgänge sollten ebenfalls noch heute bearbeitet werden.
Gutscheine
Gutscheine sind beliebte Geschenke aus der Apotheke. Handelt es sich um einen Einzweckgutschein, wird bereits beim Kauf die Umsatztsteuer gezahlt. Wer also vor dem 1. Juli einen solchen Gutschein gekauft hat, hat auch 19 Prozent Umsatzsteuer gezahlt. Wird der Einzweckgutschein im zweiten Halbjahr 2020 eingelöst, gilt der neue abgesenkte Mehrwertsteuersatz. Für die umsatzsteuerliche Würdigung ist dies jedoch nicht relevant. Zahlt der Gutscheininhaber jedoch bei der Einlösung eine Zuzahlung – wird also über dem Gutscheinwert eingekauft – muss für die noch nicht versteuerte Differenz die gültige Mehrwertsteuer (16 oder 5 Prozent) berechnet werden.
Üblicherweise fällt in den Apotheken der Mehrzweckgutschein an, welcher bei Ausgabe des Gutscheins nicht der Umsatzsteuer unterworfen wird. Sondern die Umsatzsteuer wird, mit dem dann gültigen Steuersatz, bei Einlösung fällig.
Anzahlungen
Hat die Apotheke im Rahmen der Bevorratung im ersten Halbjahr Ware bestellt und angezahlt, die erst im zweiten Halbjahr ausgeliefert wird, gilt der abgesenkte Umsatzsteuersatz, da der Leistungszeitpunkt entscheidend ist. Für die Abschlussrechnung, die erst im zweiten Halbjahr fällig wird, werden 16 beziehungsweise 5 Prozent Mehrwertsteuer berechnet – abzüglich Vorauszahlung (Netto zuzüglich 19 Prozent beziehungsweise 7 Prozent Umsatzsteuer).
Anders verhält es sich bei der Bevorratung bereits gelieferter Ware. Hier wird vom Lieferanten die Rechnung auf einen bestimmten Zeitpunkt valutiert. Maßgeblich ist dann der Umsatzsteuersatz, welcher zum Zeitpunkt der Lieferung gültig ist.
Rechnungen auf Grundlage von Abtrittserklärungen
Rechnet die Apotheke direkt mit der Krankenkasse ab, ist auch hier das Lieferdatum für den fälligen Mehrwertsteuersatz entscheidend. Dabei ist es unerheblich, ob ein im Juni geliefertes Arzneimittel erst im Juli bei der Kasse abgerechnet wird, wenn anhand der Rechnung ersichtlich ist, dass Liefer- und Leistungsdatum im ersten Halbjahr liegen.
Rückvergütungen
Auch in puncto Rückvergütungen müssen die abgesenkten Mehrwertsteuersätze berücksichtigt werden. So kann eine Jahresrückvergütung für 2020 zu 50 Prozent für die Monate Januar bis Juni 2020 mit 7 beziehungswiese 19 Prozent und zu 50 Prozent für die Monate Juli bis Dezember 2020 mit 5 beziehungsweise 16 Prozent berücksichtigt werden und zwar unabhängig davon, wann die Umsätze erzielt wurden.
Das heißt, dass die Apotheken auch in 2021 mit dem neuen Umsatzsteuersatz zu tun haben werden.
Umtausch
Beim Umtausch eines Gegenstands wird die ursprüngliche Lieferung rückgängig gemacht. An ihre Stelle tritt eine neue Lieferung. Wird ein vor dem 1. Juli 2020 gelieferter Gegenstand nach diesem Stichtag, aber vor 1. Januar 2021 umgetauscht, ist auf die Lieferung des Ersatzgegenstandes, falls sie dem allgemeinen Umsatzsteuersatz unterliegt, der ab 1. Juli 2020 geltende Umsatzsteuersatz anzuwenden.
Preise in Sicht- und Freiwahl
Apotheken müssen nicht in der Nacht von Dienstag auf Mittwoch alle Preise in Sicht- und Freiwahl anpassen. Ein Aushang und pauschale Rabatte an der Kasse sind ausreichend, wie das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWI) informiert.
Die Einzelauszeichnung jeder Packung kann für den Zeitraum der Mehrwertsteuersenkung entfallen. Von einer Änderung der Gesamt- und Grundpreisangabe könne abgesehen werden, wenn der Händler bei Preisnachlässen drei Voraussetzungen beachte, teilt das BMWI den Preisbehörden der Länder mit. Die Senkung muss:
- nach Kalendertagen zeitlich begrenzt sein,
- durch Werbung bekannt gemacht werden und
- generelle Preisnachlässe (Pauschalrabatt) gewährt werden.
„Diese Option besteht auch für die anstehende Senkung der Mehrwertsteuersätze zum 1. Juli 2020 für das gesamte Sortiment oder bei entsprechend transparenter Information für Teile des Sortiments“, so das BMWI.
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