Indien dreht den Hahn für 13 Wirkstoffe ab. Grund ist das neuartige Coronavirus. Weil in China aufgrund der Sars-CoV-2-Krise die Maschinen stillstehen, versucht Indien, die Versorgung im eigenen Land sicherzustellen und verhängt eine Ausfuhrbeschränkung. Damit ist nun vor dem Export der betroffenen Produkte eine Genehmigung einzuholen.
Der indische Generaldirektor für den Außenhandel, Udyog Bhavan, hat gestern bekanntgegeben, dass die Regierung den Export von Arzneimittelwirkstoffen einschränkt. Die veröffentlichte Liste kommt auf 26 Punkte, aufgeteilt in 13 Wirkstoffe und deren Zubereitungen.
Betroffen sind:
- Paracetamol
- Tinidazol
- Metronidazol
- Aciclovir
- Vitamin B1
- Vitamin B6
- Vitamin B12
- Progesteron
- Chloramphenicol
- Erythromycin-Salze
- Neomycin
- Clindamycin-Salze
- Ornidazol
- sowie alle Zubereitungen, die diese Wirkstoffe enthalten.
Die Begründung:
Der Vorsitzende der indischen Exportförderungsbehörde für Arzneimittel, Dinesh Dua, begründet die Exportbeschränkung mit der Lage im Nachbarland: Die Grundstoffe für die Produktion der Wirkstoffe stammen demnach aus China, wo es aufgrund der Sars-CoV-2-Epidemie zu Produktionseinschränkungen kommt. Mit den Exportbeschränkungen wolle Indien sicherstellen, dass wichtige Wirkstoffe wie Paracetamol für den eigenen Markt zur Verfügung stehen. Unklar ist zum aktuellen Zeitpunkt, welches Ausmaß und welche Dauer die Beschränkungen haben werden.
„Der Export der genannten Wirkstoffe und Zubereitungen, die aus diesen Wirkstoffen […] hergestellt werden, wird durch diesen Beschluss ‚eingeschränkt‘, und zwar ab sofort und bis auf Weiteres“, heißt es in dem Erlass. Dem Vernehmen nach heißt es aus Herstellerkreisen, dass nach derzeitiger Sachlage die Versorgung bis zum dritten Quartal gesichert sei. Haben diese Exportbeschränkungen Bestand, so heißt es, könne dies zu einer empfindlichen Verschärfung der Versorgungslage führen.
Um die Auswirkungen für die Arzneimittelversorgung in Deutschland zu bewerten, werde es Zeit brauchen, um das Ganze zu durchdringen, so ein Insider. Vorab könne man jedoch sagen, dass der Exportstopp der Vitamine B1, B6 und B12 nicht ins Gewicht fallen werden, diese seien maßgeblich in Nahrungsergänzungsmitteln enthalten. Allerdings sei ein Preisanstieg nicht auszuschließen.
Indien hat auch für Paracetamol einen sofortigen Exportstopp bekanntgegeben. Die aktive Substanz wird jedoch auch außerhalb Indiens produziert, beispielsweise in der Türkei. Würde Paracetamol knapp werden, könne einem Insider zufolge auf andere Schmerzmittel ausgewichen werden. Allerdings sei dies auch schwierig, denn Ibuprofen stehe nicht als Alternative zur Verfügung. Zwar habe BASF die Produktion wieder hochgefahren, aber in Hubei stehen aufgrund des Coronavirus die Maschinen still. Derzeit sei für Ibuprofen keine Verbesserung der Lage zu verzeichnen. Die Absage für Paracetamol würde vor allem den OTC-Markt betreffen und in der Selbstmedikation eine Rolle spielen, denn die Wirkstoffproduktion von Paracetamol und ASS wurde maßgeblich nach Asien verlagert.
Auch Antibiotika wie Erythromycin oder Clindamycin stehen auf der Liste des Exportstopps. Aufgrund des Preisverfalls könne nur auf wenige andere Hersteller ausgewichen werden.
Am Dienstag hatte das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) noch bekanntgegeben, es gebe mit Blick auf die Ausbreitung des Coronavirus Sars-CoV-2 „weder national noch europäisch Hinweise, die kurzfristig auf eine Einschränkung oder ein Erliegen der Arzneimittelversorgung hindeuten“.
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