Wegen Betriebsratsgründung: 100.000 Euro Schadenersatz für Minijobber
Knapp sieben Millionen Menschen arbeiten hierzulande in einem Minijob. Die Gründe dafür sind verschieden. Fest steht: Arbeitsrechtlich benachteiligt werden dürfen Minijober:innen in der Regel nicht. Eine Kündigung wegen einer versuchten Betriebsratsgründung ist somit auch bei geringfügig Beschäftigten tabu, zeigt ein Urteil.
Dass für Minijobber:innen in puncto Urlaub, Mindestlohn und Co. ähnliche oder sogar dieselben Regelungen gelten wie für andere Angestellte, ist bekannt. Auch geringfügig Beschäftigte besitzen ein Mitspracherecht. Das gilt auch, wenn es um die Frage einer Betriebsratsgründung geht. Wie bei Voll- und Teilzeitkräften, dürfen Chef:innen dies nicht verhindern. Andernfalls verstoßen sie gegen § 119 Absatz 1 Nummer 1 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG). Und auch eine Kündigung des/der Initiator:in ist tabu, und zwar auch, wenn es sich dabei um einen Minijobber handelt. Das beweist ein Fall vor dem Landesarbeitsgerichts (LAG) München, bei dem einem Minijobber 100.000 Euro Schadenersatz zugesprochen wurden, unter anderem wegen einer Kündigung aufgrund einer Betriebsratsgründung.
Zur Erinnerung: Ein Betriebsrat ist eine ehrenamtliche Interessenvertretung, die sich um die Belange der Arbeitnehmer kümmert und somit zum Wohl der Angestellten beiträgt.
Kündigung als „Strafe“ für versuchte Betriebsratsgründung?
Was war passiert? Ein Jurastudent arbeitete im Minijob als Kellner in einer Gaststätte. Dort regte er die Gründung eines Betriebsrats an. Als der Chef davon erfuhr, wurde der Student erst gar nicht mehr zum Dienst eingeteilt, dann ausschließlich für den Küchendienst. Als er sich weigerte, diesen zu übernehmen folgte die fristlose Kündigung wegen Arbeitsverweigerung. Dagegen wehrte er sich. Denn er vermutete eine unrechtmäßige Entlassung aufgrund der angestrebten Betriebsratsgründung und verlangte folglich Schadenersatz, und zwar für verschiedene weitere Vorfälle.
Mit insgesamt 36 Klagen ging er gegen den Chef und später auch gegen dessen Nachfolger im Betrieb vor, beispielsweise weil ihm Trinkgelder sowie der eigentliche Lohn vorenthalten wurden, wegen Annahmeverzug und nicht vergüteter Überstunden sowie Waschkosten. Das Gericht gab ihm Recht. Demnach habe sich der Arbeitgeber schadensersatzpflichtig gemacht. Denn er habe versucht, den Minijobber unter Druck zu setzen und die Kündigung zu provozieren – als Folge für die versuchte Betriebsratsgründung.
Rund 100.000 Euro Schadenersatz müssen dem ehemaligen Minijobber folglich insgesamt gezahlt werden. Hinzukommen sechs Monate bezahlter Urlaub und eine schriftliche Entschuldigung.
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