Warnung vor „Sonnenkapseln“: NEM ersetzen keinen Sonnenschutz
Sonnenschutz ist zwar das gesamte Jahr wichtig, im Sommer jedoch besonders unverzichtbar. Doch Nahrungsergänzungsmittel (NEM) können nicht als Sonnenschutz dienen beziehungsweise diesen ersetzen, stellt die Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen (NRW) aktuell klar und warnt vor „Sonnenkapseln“.
Ohne Sonnenschutz geht nichts, doch rund um das Thema ranken sich zahleiche Mythen und Irrglauben. Dazu gehört auch die Annahme, dass bestimmte NEM, die als sogenannte „Sonnenkapseln“ gefeiert werden, nicht nur für Bräune sorgen, sondern auch einen Schutz für die Haut oder sogar einen „verbesserten Lichtschutz“ sowie „natürlichen Sonnenschutz von innen“ bieten, wie die Verbraucherschützer:innen aus einigen Werbeversprechen zitieren. Enthalten ist in der Regel der Pflanzenfarbstoff Betacarotin, der im Körper in Vitamin A umgewandelt wird und zur Verbesserung der Sehkraft sowie zu einem dunkleren Teint beitragen kann. Die Verbraucherzentrale warnt jedoch vor der Einnahme. „Betacarotin-Kapseln: Allenfalls geringfügiger Sonnenschutz“, heißt es.
„Sonnenkapseln“: NEM reichen nicht als Sonnenschutz
Der Grund: Zwar enthalten die Präparate oftmals Betacarotin in hochdosierter Form, können jedoch keinen ausreichenden Sonnenschutz liefern. Dasselbe gilt den Expert:innen zufolge für andere Carotinoide wie Lutein oder Astaxanthin. Demnach sei wissenschaftlich nicht eindeutig erwiesen, „dass die Haut durch die Aufnahme von Sonnenkapseln einen wirksamen natürlichen Schutzschirm gegen die schädliche UV-Sonneneinstrahlung aufbaut“, heißt es. Wurde in einzelnen kleinen Studien ein positiver Effekt nachgewiesen, war dafür eine Einnahme von mehr als 20 mg Betacarotin/Tag über einen Zeitraum von rund zehn Wochen nötig – das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR)empfiehlt eine Tageshöchstmenge von 3,5 mg durch NEM.
Somit könnten die Präparate das Eincremen mit einem Sonnenschutzmittel mit geeignetem Lichtschutzfaktor und die Sonnenbrille nicht ersetzen, sondern höchstens ergänzen. Doch dies ist Verbraucher:innen oftmals nicht klar. Denn meist fehlt ein entsprechender Hinweis dazu, wie ein aktueller Marktcheck der Verbraucherschützer:innen zeigt. Nur neun von 23 überprüften NEM waren mit einem Hinweis gekennzeichnet, dass die „Sonnenkapseln“ als Sonnenschutz nicht ausreichen.
Mehr Schaden als Nutzen?
Doch damit nicht genug. Weil die empfohlenen Tageshöchstmengen bei vielen Präparaten überschritten werden, drohen sogar negative, anstatt positive Effekte, darunter die Förderung von Krankheiten wie Lungenkrebs bei Raucher:innen. Doch viele Hersteller würden die offizielle Höchstmengenempfehlung umgehen, kritisieren die Expert:innen. Nur bei drei der 23 Nahrungsergänzungsmittel im Marktcheck, die mit Sonne/Bräune werben und/oder Betacarotin enthalten, wurde der Wert von 3,5 mg/Tag eingehalten.
Auch der im Rahmen der freiwilligen Selbstbeschränkung der Lebensmittelindustrie geltende Wert von 4,8 mg/Tag wird nur bei drei Präparaten berücksichtigt. Bei 17 Präparaten wurde der Wert überschritten, doch nur acht davon waren mit dem Hinweis, dass sie für starke Raucher:innen nicht geeignet sind oder dass die Anwendung zeitlich begrenzt erfolgen sollte, versehen.
Mehr noch: Bei sieben NEM mit Betacarotin wurde sogar die maximal akzeptable Tageshöchstmenge von 15 mg erreicht oder überschritten. „Aus unserer Sicht ist es absolut unverständlich, dass solche Nahrungsergänzungsmittel am Markt sind.“
Daher erneuern die Verbraucherschützer:innen ihren Ruf nach verbindlichen und EU-weiten gesetzlichen Höchstmengen für Mikronährstoffe in Nahrungsergänzungsmitteln und weiteren strengeren Regelungen.
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