Wer abends nicht zur Ruhe kommt und keinen Schlaf findet, weil beispielsweise die Gedanken kreisen oder wie Autoscooter ineinander fahren, setzt mitunter auf rezeptfreie Schlafmittel. Doch nicht alle Präparate sind gleichermaßen geeignet, wie das Urteil von Stiftung Warentest zeigt – Melatonin sollte nicht „auf eigene Faust“ eingenommen werden.
Dass die Deutschen schlecht schlafen, ist längst kein Geheimnis mehr. Die Gründe sind verschieden. Die Lösung bei Ein- und Durchschlafstörungen scheint in vielen Fällen die gleiche – der Griff zum rezeptfreien Schlafmittel. Denn Schlafprobleme können den Alltag erschweren und die Lebensqualität mindern.
Doxylamin und Baldrian
Chemische Schlafmittel wie die Antihistaminika Doxylamin und Diphenhydramin sind nur für die Kurzzeitbehandlung geeignet und sollten nicht länger als zwei Wochen angewendet werden. Stiftung Warentest bewertet die Präparate als „geeignet“.
Doxylamin gehört zu den Antihistaminika der ersten Generation, die eine Blockade am H1-Histaminrezeptor verursachen. Der Wirkstoff wird zur symptomatischen Kurzzeitbehandlung von gelegentlichen Schlafstörungen eingesetzt und besitzt beruhigende und schlaffördernde sowie antiallergische und antiemetische Eigenschaften.
Ein bis zwei Tabletten sollten eine halbe Stunde bis Stunde vor dem Zubettgehen eingenommen werden. Betroffene sollten eine Schlafdauer von acht bis neun Stunden einhalten, um am nächsten Tag der Nacht nicht noch hinterher zu hängen. Zur Langzeitanwendung ist Doxylamin nicht geeignet, da es die Schlafphasen verschieben kann und sich dadurch die Erholungszeit verkürzt.
Baldrian gehört zu den Klassikern unter den pflanzlichen Schlafmitteln und wird von Stiftung Warentest als „mit Einschränkung geeignet“ bewertet. Der Wirkmechanismus ist nicht genau bekannt. Vermutlich sorgen die enthaltenen Lignane für die schlaffördernde Wirkung, die auf einen Eingriff in den GABA-Regelkreis zurückzuführen ist. Studien zeigen, dass Baldrianwurzelextrakt einen Wirkstoff enthalten muss, der am A1-Rezeptor angreift und eine Adenosin-ähnliche Wirkung hervorruft. Adenosin reguliert den Schlaf-Wach-Rhythmus und sorgt für einen erholsamen Schlaf, um das Gehirn vor einem möglichen Energiemangel zu schützen.
Merke: Baldrian wirkt nicht gleich in der ersten Nacht. Nach etwa 14 Tagen entfaltet Baldrian seine volle Wirkung.
Neben Baldrian kommen auch Präparate mit Lavendel, Melisse oder in Kombination mit Hopfen, Passionsblume oder Johanniskraut zu Einsatz.
Warentest: Melatonin nicht auf eigene Faust
Melatonin wird auch als Schlafhormon bezeichnet und bei Dunkelheit von der Zirbeldrüse im Epithalamus ausgeschüttet. Das Hormon wird im Körper aus Serotonin produziert und steuert den Tag-Nacht-Rhythmus. Die Konzentration ist in der Mitte der Nacht am größten und nimmt bis in den Morgen und im Alter ab. Das Problem: Licht – vor allem Blue Light – kann die Melatoninfreisetzung verringern oder verzögern und somit den Tag-Nacht-Rhythmus durcheinanderbringen und Einschlafprobleme nach sich ziehen.
Melatonin als Nahrungsergänzungsmittel: Präparate mit einer Tagesdosis von 1 mg können als Nahrungsergänzungsmittel deklariert werden. Für die Produkte sind zwei Health-Claims möglich: „Melatonin trägt zur Linderung der subjektiven Jetlag-Empfindung bei“ und „Melatonin trägt dazu bei, die Einschlafzeit zu verkürzen“. Voraussetzung ist stets, dass der tägliche Grenzwert von 1 mg nicht überschritten und Verbraucher:innen darüber informiert werden, dass die Wirkung sich einstellt, wenn die zulässige Höchstmenge kurz vor dem Schlafengehen aufgenommen wird.
Das Urteil von Stiftung Warentest zu rezeptfreien Melatonin-Präparaten ist klar – „Nicht auf eigene Faust einnehmen.“ Die Studienlage sei dürftig und es gebe Hinweise, dass Melatonin die Einschlafzeit lediglich um zehn bis 20 Minuten verkürze – eine längere Anwendung sei zudem nicht untersucht.
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