Vorzeitiger Samenerguss: Fortacin soll OTC werden
Etwa 20 Prozent der Männer sollen vom Ejaculatio praecox – dem vorzeitigen Samenerguss – betroffen sein. Viele Therapieoptionen gibt es nicht. Seit März 2018 ist mit Fortacin (Lidocain/Prilocain, Recordati) ein lokal anzuwendendes Spray auf dem Markt. Das verschreibungspflichtige Arzneimittel soll nun in die Selbstmedikation entlassen werden, so hat es der Ausschuss für Humanarzneimittel (CHMP) der Europäischen Arzneimittelagentur (EMA) empfohlen.
Fortacin wurde 2013 im zentralen Verfahren innerhalb der EU zugelassen und der Verschreibungspflicht unterstellt, obwohl Lidocain und Prilocain zur Anwendung auf der Haut und Schleimhaut gemäß Arzneimittelverschreibungsverordnung (AMVV) hierzulande von der Verschreibungspflicht befreit sind. Geht es nach dem CHMP, soll Fortacin nun in allen EU-Mitgliedsstaaten aus der Verschreibungspflicht entlassen werden. Gibt die EU-Kommission grünes Licht, wäre die Kombi aus zwei Lokalanästhetika das fünfte Arzneimittel (Orlistat, Pantoprazol und Esomeprazol, Ulipristal), das im zentralisierten Verfahren von Rx zu OTC wechselt. Der Ausschuss kam zu dem Schluss, dass die Kriterien für die Einstufung als verschreibungspflichtig, wie sie in der Leitlinie der Europäischen Kommission festgelegt sind, für Fortacin nicht gelten.
Fortacin: Anwendung und Dosierung
Fortacin wird zur Behandlung von Männern mit primärer (lebenslanger) vorzeitiger Ejakulation angewendet und enthält Lidocain zu 150 mg/ml und Prilocain zu 50 mg/ml – ein Sprühstoß zu 50 µl enthält 7,5 mg Lidocain und 2,5 mg Prilocain. Norfluran kommt als Treibgas zum Einsatz, Lösungsmittel sind nicht enthalten. Die Lokalanästhetika blockieren spannungsabhängige Natrium-Kanäle in den Zellmembranen der Nervenzelle. Die Sensibilität für eine Stimulation ist gemindert und eine Ejakulation kann herausgezögert werden.
Die empfohlene Dosierung beträgt drei Sprühstöße, die über die gesamte Eichel vor dem Geschlechtsverkehr verteilt werden sollen. Nach fünf Minuten (vor dem Geschlechtsverkehr) soll überschüssiges Spray entfernt werden. Die Wirkung tritt bereits innerhalb von fünf Minuten ein. Innerhalb von 24 Stunden dürfen maximal drei Dosen in Abständen von mindestens vier Stunden angewendet werden.
Das Spray ist zwar der Verschreibungspflicht unterstellt, wird aber von den Kassen nicht übernommen, denn es zählt zu den Lifestylearzneimitteln. Diese sind von der Erstattung ausgeschlossen, weil die Erhöhung der Lebensqualität im Vordergrund steht.
Willst du immer auf dem Laufenden sein und keine Nachricht mehr verpassen? Dann melde dich für unseren wöchentlichen Newsletter hier an ?.
Mehr aus dieser Kategorie
MTX: An Photosensitivität denken
Dass Methotrexat (MTX) die Haut lichtempfindlicher machen kann, ist bekannt. Dennoch erinnert die britische Arzneimittelbehörde (MHRA) an das Risiko der …
Kann Espresso Alzheimer-Auslöser eindämmen?
Ob Espresso, Cappuccino oder klassisch schwarz: Ohne Kaffee geht bei den meisten Menschen nichts. Kein Wunder, dass Kaffee hierzulande zu …
Wirkstoff ABC: Buprenorphin
Von A wie Amoxicillin, über B wie Budesonid bis Z wie Zopiclon: Die Liste der Wirkstoffe ist lang. Aber kennst …