Vierfachkombi gegen Multiples Myelom?
Jedes Jahr erkranken allein hierzulande mehrere tausend Menschen am Multiplen Myelom. Zur Behandlung kommen verschiedene Therapieoptionen in Betracht, doch die Rückfallquote ist hoch. Mediziner:innen bringen nun die Vierfachkombi aus Isatuximab, Carfilzomib, Lenalidomid und Dexamethason ins Spiel, um die Überlebenszeit zu erhöhen, vor allem bei Risikopatient:innen.
Das Multiple Myelom ist eine bösartige Erkrankung des Knochenmarks, bei der sich vermehrt monoklonale Plasmazellen und Immunglobuline bilden. Die Folgen sind eine Zerstörung der Knochen und Immundefekte. Das Multiple Myelom zählt zu den häufigsten hämatologischen Erkrankungen und gilt als unheilbar. Die Lebenserwartung von Patient:innen beträgt oftmals nur wenige Jahre.
Eine neue Behandlungsoption soll diese verbessern können, und zwar durch die Vierfachkombi aus Isatuximab, Carfilzomib, Lenalidomid und Dexamethason. Die vier Wirkstoffe kommen bereits in dieser Indikation zum Einsatz, nachdem zuvor eine Standardbehandlung mit Chemotherapie und Blutstammzelltransplantation erfolgt ist – bisher allerdings nicht in dieser Kombination.
Übrigens: Das Multiple Myelom wurde früher auch als Morbus Kahler bezeichnet – nach dem österreichischen Arzt Kahler, der Ende des 19. Jahrhunderts erstmals eine Beschreibung über das Krankheitsbild veröffentlichte.
Wirkstoffcheck
Dexamethason besitzt entzündungshemmende, immunsuppressive und antiallergische Eigenschaften und zählt zu den schwach bis mittelstark wirksamen synthetischen Glukokortikoiden. Der Wirkstoff hemmt die Ausschüttung von Prostaglandinen und kommt – topisch als auch systemisch angewendet – unter anderem bei einem Hirnödem, rheumatoider Arthritis und in Kombination mit Lenalidomid bei Multiplen Myelomen zum Einsatz.
Lenalidomid gehört zu den Immunmodulatoren und besitzt vielfältige Wirkmechanismen. So hemmt der Wirkstoff unter anderem die Produktion proinflammatorischer Zytokine, erhöht die Anzahl an natürlichen Killer-T-Zellen und hemmt die Angiogenese. Lenalidomid findet bei verschiedenen Erkrankungen des lymphatischen Systems Anwendung – allein oder in Kombi mit anderen Wirkstoffen.
Carfilzomib ist ein selektiver und irreversibler Proteasom-Inhibitor. Der Wirkstoff hemmt den Abbau unterschiedlicher Proteine und führt letztlich zum programmierten Zelltod (Apoptose) der Myelomzellen.
Isatuximab ist ein monoklonaler Antikörper, der gegen das Glykoprotein CD38 gerichtet ist, das sich vor allem auf der Zelloberfläche von Myelomzellen findet. Der Wirkstoff zerstört die Tumorzellen dabei auf verschiedenen Wegen, unter anderem durch Herbeiführen des programmierten Zelltods.
Isatuximab, Carfilzomib, Lenalidomid und Dexamethason: Vierfachkombi steigert Überlebenszeit
Das Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE) hat eine klinische Phase-II-Studie in insgesamt 20 Behandlungszentren angestoßen, in denen Hochrisiko-Patient:innen mit Multiplem Myelom behandelt wurden. Bei ihnen falle die Überlebensdauer mit zwei Jahren besonders gering aus, heißt es in einer Pressemitteilung des UKE.
Das Ziel der Wissenschaftler:innen: Eine Behandlungsoption finden, die die Krankheitsaktivität bei Betroffenen auf ein Minimum reduziert oder sogar komplett verdrängt. Dafür kam zum Zeitpunkt des Studienstarts im Jahr 2017 erstmals die Vierfachkombi aus Isatuximab, Carfilzomib, Lenalidomid und Dexamethason zur Erstbehandlung von Hochrisikopatient:innen zum Einsatz. Konkret erhielten die Betroffenen innerhalb von 28 Tagen einmal täglich 10 mg/kg Isatuximab intravenös (Tag 1 und 15), einmal täglich 36 mg/m2 Carfilzomib intravenös (Tag 1, 2, 8, 9, 15 und 16), einmal täglich 25 mg Lenalidomid oral (Tag 1 bis 21) und einmal wöchentlich 40 mg Dexamethason.
Das Ergebnis: Die Mehrheit der Patient:innen überlebte zwei Jahre nach Behandlungsbeginn nicht nur, sondern zeigte zudem keine Krankheitsrückfälle. „Wir wissen jetzt, wie wichtig die optimierte Kombinationstherapie für die Behandlung des Multiplem Myeloms ist und konnten mit unseren Ergebnissen zeigen, dass sich unter dieser Therapie die Prognose von Hochrisikopatient:innen der von Standardrisikopatient:innen annähert“, betonen die Forschenden und sehen zugleich weiteres Potenzial, um die Behandlungsergebnisse weiter zu verbessern.
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