Verunreinigte Glukose: Apothekerin wegen fahrlässiger Tötung und versuchten Mordes angeklagt
Verfahren eröffnet: Vor dem Landgericht Köln muss sich eine Apothekerin verantworten. Ihr wird fahrlässige Tötung und versuchter Mord vorgeworfen. Der Grund: Nach der versehentlichen Abgabe verunreinigter Glukoseabfüllungen sind im September 2019 eine junge Frau und ihr ungeborenes Kind verstorben.
Der Apothekerin werden zwei Taten vorgeworfen. Zum einen soll die Beschuldigte durch Fahrlässigkeit den Tod beziehungsweise die Körperverletzung von zwei Apothekenkundinnen verursacht haben. Und zwar durch eine unbewusste, aber sorgfaltswidrige Verwechselung der Standgefäße. Das mit Lidocainhydrochlorid verunreinigte Glukose-Monohydrat soll später als Glukoseabfüllung in der Apotheke an Kundinnen ausgegeben worden sein.
Eine Kundin trank am 17. September 2019 in der gynäkologischen Praxis einen Schluck der Lösung der verunreinigten Glukose, bemerkte aber einen bitteren Geschmack. Die Frau erholte sich wieder. Am 19. September trank jedoch eine junge Frau in der gleichen Praxis die Lösung ganz aus und wurde kurz darauf bewusstlos in ein Krankenhaus eingeliefert und musste reanimiert werden. Die Frau verstarb jedoch an einer Lidocainvergiftung. Außerdem wurde das ungeborene Kind im Wege eines Notkaiserschnitts zur Welt gebracht. Das Kind verstarb ebenfalls.
Zum anderen wird der Apothekerin versuchter Mord durch Unterlassen in zwei Fällen zu Lasten der verstorbenen Geschädigten und ihres Kindes zur Last gelegt. Die Staatsanwaltschaft gehe davon aus, dass die Apothekerin durch Hinweise der gynäkologischen Praxis und aus dem Krankenhaus auf die Vorfälle nach Kontrolle der eigenen Bestände spätestens um die Mittagszeit wissen musste, dass
bei den später Verstorbenen eine Lidocainvergiftung als Ursache für den schlechten Gesundheitszustand in Betracht kommt.
Die Apothekerin habe jedoch pflichtwidrig eine entsprechende Mitteilung an das behandelnde Krankenhaus unterlassen, wodurch verhindert worden sein soll, dass die später Verstorbenen vergiftungsspezifisch hätten behandelt werden können. Die Beschuldigte habe deswegen „billigend in Kauf genommen“, dass die Verstorbenen auch aufgrund ihrer unterlassenen Mitteilung (früher) versterben könnten, heißt es in einer Pressemitteilung zur Anklageerhebung.
Als Mordmerkmal sieht die Staatsanwaltschaft die sogenannte „Verdeckungsabsicht“. Weil nicht sicher ist, ob die werdende Mutter und ihr Kind im Falle einer Benachrichtigung und spezifischen Behandlung hätten gerettet werden können, lautet die Anklage nur auf „versuchten Mord“ – obwohl Mutter und Kind tatsächlich verstarben.
Verhandelt wird ab dem 15. Juni. Bis Ende September sind 21 Verhandlungstage angesetzt.
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