Urteil: MediGel darf sich nicht als „schnell“ bezeichnen
MediGel schnelle Wundheilung (Medice) darf sich nicht als „schnell“ bezeichnen, und zwar ab sofort. Das hat das Oberlandesgericht (OLG) Hamm im Januar entschieden. Eine Revision ist nicht zugelassen.
Das Medizinprodukt MediGel darf ab sofort nicht mehr mit den Angaben „schnelle Wundheilung“ und „Schnell. Effektiv. Für alle Wunden im Alltag“ beworben werden, und zwar weder auf dem Behältnis noch auf der Packung, in der Gebrauchsanweisung sowie auf sämtlichen Werbemaßnahmen.
MediGel Schnelle Wundheilung kommt unter anderem bei Alltagswunden und Verbrennungen 1. und 2. Grades und Sonnenbrand zum Einsatz. Es sorgt mit Zink- und Eisenionen für ein pH-Wert-optimiertes feuchtes Wundmilieu. Natürliche pflegende Öle und Vitamin E sollen die Regeneration der geschädigten Haut unterstützen und Wunden ohne Kruste sowie ohne Spannungsschmerz abheilen. Außerdem sind das Infektions- und Narbenrisiko reduziert.
MediGel: „Schnell“ ist irreführend
Was war passiert? Der Verband Sozialer Wettbewerb (VSW) hielt die Werbung mangels wissenschaftlicher Absicherung für irreführend und somit unlauter. Die Sache landete vor Gericht. Mit Erfolg für den VSW – das OLG Hamm schloss sich der Auffassung nach Einholung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens und mündlicher Anhörung des Sachverständigen an. Eine Revision gegen das Urteil hat das OLG Hamm nicht zugelassen.
Aufgrund des Begriffes „schnell“, würden Verbraucher:innen – medizinische Laien – damit rechnen, dass die Wunde „innerhalb kurzer Zeit“ nach der Anwendung verheile – also innerhalb von wenigen Tagen. Und auch bei Apotheker:innen und Ärzt:innen würde dieses Verständnis geweckt. Diese Werbeversprechen seien nicht belegt, bemängelt der VSW – auch nicht durch die klinische Studie aus dem Jahr 2014.
Das OLG Hamm teilt diese Auffassung. Verbraucher:innen würden mit dem Adjektiv „schnell“ in dem Begriff „schnelle Wundheilung“ einen unmittelbaren Hinweis auf die Wundheilungsgeschwindigkeit von MediGel sehen. Zudem würden Verbraucher:innen auch davon ausgehen, dass die „schnelle Wundheilung“ ein besonderes Merkmal von MediGel sei, denn „schnelle Wundheilung“ ist Bestandteil der Produktbezeichnung und werde in der Gebrauchsanweisung in der Überschrift und bei jeder Erwähnung des Produktes im Text plakativ und vollmundig herausgestellt.
Und auch die Studienergebnisse konnten die Richter:innen nicht überzeugen. Zum Zeitpunkt der Klageerhebung im Jahr 2018 war die Studie aus dem Jahr 2014 zur Wirksamkeit von MediGel die einzige durchgeführte klinische Studie. Allerdings nur bei sehr kleinen oberflächlichen Schürfwunden. Und selbst bei diesen führte die Anwendung des Medizinproduktes im Vergleich zu einer bloßen Abdeckung mit einem Pflaster nur zu einer geringfügig und nicht deutlich höheren Wundheilungsgeschwindigkeit. „Dieses Studienergebnis bleibt nach der Einschätzung des OLG hinter der durch die Werbung für ‚MediGel‘ geweckten Verbrauchererwartung zurück“, heißt es. Hinzukommt, dass sich die Studienergebnisse nicht auf andere Wundarten übertragen lassen.
Das Ergebnis: Die beanstandeten Werbeaussagen zu MediGel „schnelle Wundheilung“ und „Schnell. Effektiv. Für alle Wunden im Alltag“ sind zur Täuschung geeignete Angaben über die von der Verwendung von MediGel zu erwartenden Ergebnisse hinaus und somit irreführend und ab sofort zu unterlassen.
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