Die Apotheke genießt großes Vertrauen. Freudige Ereignisse, aber auch Sorgen und Probleme werden mit Apotheker*innen und PTA geteilt. Ein Grund, warum pharmazeutisches Personal eine wichtige Rolle bei der Suizidprävention einnimmt. Der neue Leitfaden der ABDA „Suizidale Menschen in der Apotheke“ informiert über die Warnzeichen, räumt mit Mythen auf und liefert Tipps für die Kundenansprache.
Jedes Jahr begehen hierzulande etwa 10.000 Menschen Suizid. Das sind mehr Menschen als bei Verkehrsunfällen (etwa 3.500) oder durch Drogen (rund 1.200) ums Leben kommen. Der Großteil sind Männer – zwei von drei Suiziden werden von Männern begangen. Besonders gefährdet sind ältere Männer ab etwa 75 Jahren. Die Zahl der jährlichen Suizidversuche liegt bei etwa 100.000. Apotheker*innen und PTA spielen bei der Suizidprävention eine wichtige Rolle. Wie das pharmazeutische Personal Warnzeichen erkennt und richtig reagiert, hat die ABDA im Gesprächsleitfaden „Suizidale Menschen in der Apotheke“ zusammengestellt.
Wer ist gefährdet? Alte Menschen und Menschen mit psychischen Störungen wie Depressionen, Abhängigkeitserkrankungen, Persönlichkeitsstörungen oder Psychosen haben ein besonderes Risiko für einen Suizid, so die ABDA. Die Selbsttötung durch Erhängen ist mit Abstand die häufigste Art des Suizids, gefolgt von einem Sturz in die Tiefe sowie Arzneimittel- und Drogenmissbrauch. Experten sind sich einig: Viele Menschen mit Suizidabsichten können gerettet werden. Daher ist es wichtig, Alarmzeichen wahrzunehmen und die Betroffenen anzusprechen.
Apotheker*innen und PTA wird großes Vertrauen entgegengebracht und vor allem Stammkunden sind gut bekannt. „Viele Suizid-Gefährdete suchen im Vorfeld eine Apotheke auf, sodass Apotheker durch den persönlichen Kontakt eine wichtige Rolle bei der Suizidprävention spielen können“, so die ABDA.
Suizidale Menschen in der Apotheke: Warnzeichen erkennen
Die ABDA nennt Warnzeichen, bei denen bei Apotheker*innen und PTA die Alarmglocken läuten sollten, weil möglicherweise ein Suizidgedanke vorliegt:
- Verhalten eines/einer bekannten Kunde*in hat sich verändert. Er/sie wirkt depressiv und mutlos, zudem fallen Sätze wie: „Manchmal denke ich, das hat doch alles keinen Sinn mehr.“
- Angelegenheiten werden regelt: Der/die Kund*in verschenkt Wertgegenstände oder persönliche Dinge und spricht vom Testament oder einem Abschiedsbrief
- Arzt verschreibt plötzlich suizidtaugliche Arzneimittel
Was ist zu tun?
Sprich das Thema an! Dass durch Ansprechen ein Suizid provoziert wird, ist ein Mythos. Im Gegenteil – reden hilft und kann Leben retten. Die ABDA räumt außerdem mit zwei weiteren Mythen auf: „Wer darüber spricht, macht es sowieso nicht“ und „wer es wirklich ernst meint, den kann man nicht aufhalten“.
Zum persönlichen Gespräch einladen
Die ABDA rät zum persönlichen Gespräch mit dem Betroffenen. Ratschläge solltest du nicht geben, stattdessen respektvoll und freundlich-interessiert sein. Das sind die Tipps der ABDA:
- nicht wertendes Gesprächsverhalten mit Offenheit und Vertrauen, sodass sich der/die Betroffene in der Not angenommen fühlt
- Todeswünsche, suizidale Gedanken und Absichten offen ansprechen
- Suizidalität ernst nehmen, nicht verharmlosen, aber auch nicht dramatisieren
- Gründe, Begleitumstände und akute Auslöser besprechen
- Möglichkeit der Unterstützung im sozialen Umfeld erkunden (zum Beispiel Bezugspersonen, soziale Dienste, medizinische Hilfen)
- Angebot zur Fortsetzung des Gesprächskontakts machen (Ängste ansprechen; weitere Beratungs- und Hilfsmöglichkeiten aufzeigen). Es geht darum, Zeit zu gewinnen.
Den Leitfaden findest du auf der Website der ABDA bei den Leitlinien und Arbeitshilfen.
Hast du selbst Depressionen oder Selbstmordgedanken? Dann lass dir helfen. Wende dich beispielsweise an die Telefonseelsorge, die du kostenfrei unter 0800 111 0 111 oder 0800 111 0 222 erreichen kannst.
Willst du immer auf dem Laufenden sein und keine Nachricht mehr verpassen? Dann melde dich für unseren wöchentlichen Newsletter hier an ?.
Das könnte dich auch interessieren
Mehr aus dieser Kategorie
Cannabis-Erstverordnung: Gilt für Apotheken eine Prüfpflicht der Genehmigung?
Für Cannabisverordnungen gibt es einen Genehmigungsvorbehalt. Nicht alle Mediziner:innen müssen seit dem 17. Oktober bei der Krankenkasse für die Erstverordnung …
Arzneimittel in ausländischer Aufmachung: Was ist zu beachten?
Amoxicillin aus den USA, Salbutamol aus Spanien und Levetiracetam aus der Schweiz sind nur einige Arzneimittel in ausländischer Aufmachung, die …
Impfen in der Apotheke lukrativer als Rezeptabgabe?
In den Apotheken darf derzeit gegen Corona und Grippe geimpft werden. Doch das soll sich ändern. Das Gesetz zur Stärkung …