Wer ist schuld an Lieferengpässen? Seit langem werden die Rabattverträge und der Sparwahn der Kassen dafür verantwortlich gemacht. Doch die Kostenträger weisen dies vehement zurück. Zum ersten Mal haben Forscher nun einen Zusammenhang zwischen Lieferproblemen und Exklusivverträgen untersucht und hergestellt.
Seit 2007 schließen die Kostenträger Rabattverträge für die einzelnen Wirkstoffe mit den Herstellern. Ziel ist es Kosten einzusparen. Auf den Generikaherstellern lastet ein enormer Druck. „Rabattverträge mit nur einem einzigen Hersteller führen öfter zu versorgungskritischen Situationen als solche, die. Mit mehreren Unternehmen geschlossen wurden“, schreibt Pro Generika, das die Studie beim IGES-Institut in Auftrag gegeben hat.
Zahl der nicht verfügbaren Rabattarzneimittel verdoppelt
Nach Zahlen des Deutschen Arzneiprüfungsinstitut (DAPI) stieg die Zahl der nicht lieferbaren Rabattarzneimittel von 4,7 Millionen Packungen im Jahr 2017 auf 9,3 Millionen Packungen im Jahr 2018. Dass PTA und Apotheker auf ein nichtrabattiertes Arzneimittel ausweichen müssen, ist besonders häufig, wenn der Zuschlag im Einpartnermodell vergeben wurden.
Die Studie
Datengrundlage sind die in den Rechenzentren gesammelten Abrechnungsdaten zu Lasten der GKV aus dem Jahr 2017. Erfasst wurden die Verordnungen, in denen in der Apotheke unter Angabe der Sonder-PZN „Nichtverfügbarkeit Rabattarzneimittel“ ein anderes aut idem konformes Arzneimittel geliefert wurde. Nicht einbezogen sind die Fälle, in denen gar kein Arzneimittel abgegeben wurde.
2017 wurden etwa vier Millionen Rezepte mit der Sonder-PZN „Nichtverfügbarkeit Rabattarzneimittel“ bedruckt – 60 Prozent der Arzneimittel wurden exklusiv vergeben, 27 Prozent hatten zwei- oder drei Rabattpartner, 9 Prozent im Mehrpartnermodell mit mehr als drei Zuschlägen und in 4 Prozent der Fälle gab es keinen Rabattvertrag.
„In der Diskussion um Lieferengpässe wird die Zahl der Nichtverfügbarkeit oft klein geredet. Einige Krankenkassen geben an, dass der Anteil der nicht verfügbaren Wirkstoffe bei gerade einmal 0,6 Prozent liege. Unsere Studie aber zeigt, dass es besonders in Exklusivverträgen zu mehr Lieferausfällen kommt.“
Pro Generika-Geschäftsführer Bork Bretthauer
Das sind die Studienergebnisse
- 60 Prozent der Verordnungen, die mit der Sonder-PZN „Nichtverfügbarkeit Rabattarzneimittel“ bedruckt wurden, liegen einem Exklusivvertrag zu Grunde.
- Bei einzelnen versorgungskritischen Arzneistoffen lag der Anteil sogar bei 90 Prozent.
- Werden alle Verordnungen betrachtet, trugen 0,6 Prozent das Nichtverfügbarkeitskennzeichen.
- Im Studienzeitraum haben vor allem Ersatzkassen und die AOK Exklusivverträge geschlossen.
Bei einigen Wirkstoffen wie Amlodipin, Alfacalcidol, Ranitidin, Irbesartan und Olanzapin war der Anteil der Verordnungen mit der Sonder-PZN besonders hoch (9 bis 39 Prozent), wenn nur ein Zuschlag vergeben wurde. Gab es mindestens zwei Rabattpartner, waren die Werte geringer.
Für die Barmer werden detaillierte Betrachtungen aufgezeigt. 2017 gab es seitens der Barmer 427 Wirkstoffe unter Rabattvertrag. Für nur 166 Arzneistoffe konnte der Rabattvertrag bedient werden. 261 Arzneistoffe wurde ohne Rabatt abgegeben.
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