Stellvertreter-Effekt: PTA als „Wirkverstärker“?
Auch wenn der Placebo-Effekt inzwischen längst bekannt ist, ist seine genaue Entstehung noch nicht eindeutig geklärt. Eine wichtige Rolle spielt jedoch die positive Erwartungshaltung von Patient:innen. Und hier kommen auch Dritte ins Spiel. So können PTA über den Stellvertreter-Effekt als Wirkstärker dienen.
Placebos sind Scheinmedikamente ohne pharmazeutisch wirksame Substanzen. Stellt sich bei Patient:innen, die damit therapiert werden, dennoch eine Besserung der Beschwerden ein, ist vom Placebo-Effekt die Rede. Dabei genügt der bloße Glaube an die positive Wirkung.
Laut Expert:innen können 40 Prozent der erwarteten Wirkung durch den Placebo-Effekt erreicht werden. Eine entscheidende Rolle dafür spielen auch andere Personen, beispielsweise Familie, Freund:innen – und PTA in der Apotheke. Denn bereits in der Beratung wollen sich Patient:innen davon überzeugen, ob und wie zuverlässig das entsprechende Präparat wirkt. PTA können demnach als eine Art „Wirkverstärker“ dienen. Die Rede ist dann vom sogenannten Stellvertreter-Effekt oder auch Placebo by Proxy-Effekt.
„Der Stellvertreter-Effekt ist ein komplexes dynamisches Phänomen, mit dem versucht wird, eine Veränderung des Behandlungsergebnisses zu erklären, die sich aus einer Interaktion zwischen einem Patienten und einer Wirkung von Stellvertretern wie Eltern, Pflegern, Ärzten oder sogar den Medien ergibt“, heißt es von Wissenschaftler:innen, die das Phänomen intensiv erforschen.
Stellvertreter-Effekt bringt Licht und Schatten
Beim Stellvertreter-Effekt vermitteln Dritte den Placebo-einnehmenden Personen ein positives Gefühl gegenüber der jeweiligen Therapie, sodass der Glaube an deren Wirkung auch bei Patient:innen selbst verstärkt wird. Vor allem bei der Behandlung von Kindern oder Personen mit eingeschränkten kognitiven Fähigkeiten ist der Effekt zu beobachten. Demnach könne dieser Veränderungen im psychosozialen Umfeld von Patient:innen auslösen, durch die diese dann wiederum selbst einen Placebo-Effekt entwickeln, erklären Forschende. Ein möglicher Nachteil: Der Stellvertreter-Effekt könnte zu einer falschen Zuversicht führen, sodass von einer Besserung der Beschwerden ausgegangen wird, obwohl sich diese womöglich sogar verschlimmern.
Übrigens: Eine Stellvertreter-Wirkung gibt es auch beim sogenannten Nocebo-Effekt – wenn also das Konzentrieren auf mögliche Nebenwirkungen eines Arzneimittels dazu führen, dass diese tatsächlich auftreten, und zwar auch ohne Einnahme. Reden Dritte Patient:innen dies zusätzlich ein, kann der Effekt verstärkt werden.
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