Im 4. Quartal vergangenen Jahres konnte mehr als ein Viertel (26 Prozent) der Patient:innen nicht mit dem verordneten Arzneimittel versorgt werden – darüber informiert das Zentralinstitut für die kassenärztliche Versorgung (Zi). Die Sonder-PZN „Nichtverfügbarkeit“ wird immer häufiger genutzt.
Lieferengpässe bestimmen schon lange den Alltag der Apothekenteams. Allerdings hat sich die Lage in letzter Zeit verschärft. Derzeit sind mehrere hundert Arzneimittel nicht lieferbar. Apotheken müssen Alternativen finden und das kostet Zeit. Wie eine aktuelle aposcope-Befragung unter den Kolleg:innen zeigt, werden pro Woche im Durchschnitt elf Stunden aufgebracht, um den Mangel zu verwalten. Lieferengpässe lassen sich mitunter jedoch nur schwer messen, denn es wird in der Regel nicht dokumentiert, was nicht abgegeben wurde, wie das Zi informiert.
Sonder-PZN „Nichtverfügbarkeit“ wird immer häufiger genutzt
Allerdings ist das Aufdrucken der Sonder-PZN „Nichtverfügbarkeit“ 02567024 ein Indikator. Die Ziffer kommt im Generika- und importrelevanten Markt zum Einsatz, wenn statt eines rabattierten oder preisgünstigsten Präparats ein wirkstoffgleiches Arzneimittel abgegeben wurde. Auffällig ist jedoch, dass die Sonder-PZN immer häufiger zum Einsatz kommt.
Während die Sonder-PZN im Jahr 2021 und in den ersten neun Monaten 2022 relativ stabil zum Einsatz kam, stieg die Quote im vierten Quartal 2022 deutlich an. „Bei 10 Prozent der Verordnungen konnten Apotheken nicht auf das eigentlich abzugebende Präparat (z. B. Rabattarzneimittel) zurückgreifen“, so das Zi. Betroffen waren 26 Prozent der Patient:innen mit einem Rezept. Fälle, in denen die Apotheke ein neues Rezept in der Arztpraxis anfordern musste, weil der verordnete Wirkstoff überhaupt nicht verfügbar war, wurden laut Zi nicht erfasst.
Lieferengpässe haben verschiedene Ursachen
Die Gründe für Lieferengpässe sind vielschichtig. Zum einen fehlen Produktionsstätten, Hersteller ziehen sich zurück und zum anderen steigt in einzelnen Indikationen die Nachfrage. Aber auch Rohstoffprobleme und Mangel an Verpackungsmaterialien können Auslöser für Lieferengpässe sein.
Zuletzt brach im Dezember 2022 die Versorgung mit Amoxicillin, Amoxicillin/Clavulansäure und Penicillin V zusammen. „Dies war eine besondere Herausforderung, da viele Menschen, insbesondere Kinder und Jugendliche, in diesem Zeitraum an einer bakteriellen Infektion erkrankten. Der Markt konnte jedoch nicht zeitnah genug auf den gesteigerten Bedarf reagieren. Während im vierten Quartal 2021 die drei Wirkstoffe knapp zwei Millionen Mal verordnet wurden, waren es im vierten Quartal 2022 mehr als 3,1 Millionen Verordnungen (+57 Prozent). Insbesondere bei so wichtigen Wirkstoffen wie Antibiotika sollte daher neben stabilen Lieferketten auch eine Reserve vorgehalten werden“, sagte der Zi-Vorstandsvorsitzende Dr. Dominik von Stillfried.
Politik ist gefragt
Um Lieferengpässe wirklich zu reduzieren oder gar zu verhindern, müsse die Politik an den tatsächlichen Ursachen ansetzen und mehr Transparenz über Lieferwege schaffen. Diese seien oftmals allein den jeweiligen Pharmafirmen im Detail bekannt, so von Stillfried weiter. „Konkret heißt das: Abhängigkeiten von Lohnherstellern in Asien zurückfahren und verbliebene Standorte in Europa stärken sowie Lieferengpässe konsequenter überwachen, damit frühzeitig präventive Maßnahmen ergriffen werden können.“
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